
Die Pfaff- Nähmaschinen der Baureihe 12xx werden schon lange (ca. 30
Jahre???) nicht mehr gebaut, erfreuen aber weiterhin ausgesprochener
Beliebtheit - insbesondere bei Drachenbauern und MYOG-Aktiven der
Outdoorszene. Sie sind daher gesucht.
Bei Ebay erzielen sie zuweilen Preise bis 350 €.
Immer wieder gibt es Anfragen in den einschlägigen Foren bezüglich
Entscheidungshilfen für Nähmaschinen. Aus eigener Erfahrung mit
unterschiedlichsten Modellen verschiedener Hersteller hat sich für
meine Zwecke (MYOG für Outdoor) im Laufe der Zeit eine eindeutige
Präferenz herausgebildet: PFAFF! Aber eben nicht jede Pfaff, sonderen
ganz bestimmte ältere Modelle, die trotz ihrer ausgezeichneten
Näheigenschaften und der herausragenden Fertigungsqualität - oder
vielleicht gerade deswegen? - leider schon lange nicht mehr gebaut
werden. Ich meine die legendäre 12xx-Reihe.
Eigentlich war diese Baureihe ein großer Baukasten kompatibler
Baugruppen, aus denen Pfaff die unterschiedlichen Typen der Baureihe
(außer die 1229, die scheint eher ein Zwitter von 10xx- und 12xx-Reihe
zu sein) fertigte.
Doch für welche sollte man sich entscheiden? Ich habe hier die
m.E.wichtigsten Merkmale zusammengefasst und meine eigene Sicht dazu
dargestellt. Auch wenn meine Meinung nur meine Anforderungen
widerspiegelt, hilft diese kleine Darstellung vielleicht der/dem einen
oder anderen bei der Entscheidungsfindung.
In der 12xx-Reihe hat Pfaff etliche unterschiedliche Modelle auf den
Markt gebracht. Sie haben normalerweise einen starken Motor mit satten
80 Watt Leistung. Dies, verbunden mit der massiven Metallausführung,
ist Grundlage für ein breites Einsatzspektrum. Feinster Chiffon läßt
sich ebenso problemlos nähen wie schweres Segelleinen oder sogar 3 - 4
mm dickes Leder. Und dank IDT ist dann auch rutschiges Silnylon kein
wirkliches Problem mehr.
In der Baureihe 12xx wurden Flachbett- und
Freiarmmodelle
angeboten. Flachbettmodelle verbaute man häufig in Nähschränkchen, die
Freiarmmodelle wurden eher als Koffermaschinen genutzt.

(alle kleinen Fotos
können mit Click! vergrößert
werden!)
Freiarmmaschinen, die in Nähschränkchen verbaut sind, lassen sich
leicht von diesen abschrauben und können dann als Koffermaschine
(sofern man einen solchen hat) problemlos verwendet werden. Allerdings
ist oft der original Anschiebetisch von Pfaff nicht mit dabei.
Im Gegensatz zu den Freiarmmodellen gibt es bei den Flachbettmodellen
deutliche Unterschiede in der Bauausführung: Die Koffermaschinen haben
eine Art Kasten als Boden, für den Einbau in Nähschränkchen bestimmte
Flachbettmaschinen nur eine Bodenplatte mit unebener Abdeckung für die
Mechanik. Einfach abschrauben und dann als Koffermaschine nutzen ist
bei diesen Maschinen daher nicht so ohne weiteres möglich.
Meine Kaufentscheidung
wäre:
Auf alle Fälle eine Freiarmnähmaschine! Man kann einfach mehr damit
machen und sie
mittels Anschiebetisch problemlos in eine Flachbettmaschine verwandeln.
Eventuell Anschiebetisch nachkaufen.
Darüber hinaus gibt es "normale" Modelle und
"kompakte"-Modelle.
Wesentliche Unterschiede: Die Bodenplatte der "Normal-Modelle" ist
größer, sie haben einen Koffer mit Tragegriff und in i.d.R. einen
ansteckbaren Anschiebetisch aus Metall. Das Zubehör befindet sich im
Koffer.
"Compact-Modelle" haben eine kleinere Bodenplatte (sind aber gefühlt
nicht unbedingt leichter!), einen Tragegriff an der Maschine, eine
feste Stülphaube und einen Anschiebetisch aus Kunststoff. Zubehör
befindet sich in einer kleinen Schublade im Bodenbereich der Maschine.
  
Wichtig: Der vergleichsweise üppige Raum unter dem Näharm ist bei
beiden Maschinenarten absolut gleich - auch wenn das auf dem Foto wegen
der Perspektive nicht so aussieht! Auch sonst unterscheiden sie sich
nicht in der Leistung, den Abmessungen und wesentlich in der
technischen Ausstattung.
Meine Wahl
wäre:
Ob "normal" oder "Compact" wäre mir wirklich egal. Die normale bietet
im Koffer mehr Stauraum für Zubehör und die kompakte ist einfach
wesentlich handlicher. Wenn Zustand und Preis stimmen - zugreifen! Egal
welche!
Kein Kriterium wären für mich auch die zusätzlichen Features von 1214,
1222 oder 1222E (Electronic). Für MYOG-Projekte im Outdoorbereich oder
um Drachen zu nähen, braucht man keine zusätzlichen Zierstiche und ob
"E-Ausstattung" oder nicht - die 12er ohne "E" funktionieren auch
hervorragend.
Zu den Freiarmmaschinen gehören
normalerweise einfach zu
montierendeAnschiebetische,
um komfortabler größere Teile nähen zu können. Sie können als
ansteckbare Metallplatte ausgeführt sein (z.B. bei 1212 oder 1222) oder
als aufschiebbares Kunststoffkästchen (z.B. 1209). Dieses kann einfach
umgedreht und dann zur Aufbewahrung des Anlassers
und andere Dinge verwendet werden.
   
Die Metallplatte der Normal-Maschinen passt auch an Compact-Maschinen
(sofern die zwei Steckösen vorhanden sind). Der Plastiktisch der
Compact-Maschinen passt wiederum auch an Normal-Maschinen.
Für normale Freiarmmaschinen gibt es zusätzliches Aufbewahrungskästchen
aus Kunststoff zum Verstauen des Anlassers, des Metallanschiebetisches
usw.. Als Anschiebetisch ist er jedoch nicht nutzbar.
 
Für Flachbettmaschinen gibt es
Verlängerungen des Sockelkastens
(Flachbetts).
Mein Tipp:
Beim Kauf darauf achten, dass ein Anschiebetisch - egal welcher Bauart
- dabei ist! Die Metallplatte hat jedoch mehr Grundfläche und ich
empfinde sie als komfortabler.
Auch das zusätzliche Aufbewahrungskästchen ist für Freiarmmaschinen mit
Koffer hilfreich. Bei Ebay werden hin und wieder diese Teile angeboten.
D a
s
Highlight schlechthin ist m.E. aber nach wie vor der in den meisten -
aber eben nicht in allen! - Maschinen der 12xx-Reihe eingebaute
Obertransport, kurz IDT genannt
(Integrierter
Dual
Transport).
Er ist fester Bestandteil der Mechanik, präzise auf die Maschine
abgestimmt und sorgt für einen gleichmäßigeren und verschiebefreieren
Durchzug des Stoffs unter dem Nähfüßchen. Er lässt sich einfach ab-
oder zuschalten.
  
Die 12xx-Maschinen ohne IDT nähen durchaus sehr gut. Mit IDT
funktionieren sie aber in manchen Situationen noch ein wenig besser.
Drachenbauer mit ihren oft sehr rutschigen Stoffen schwören auf IDT!
Mir ist bekannt, dass Pfaff die 1209 oder die 1212 (z.B. zum Einbau in
Nähschränkchen) ab Werk auch ohne IDT ausgeliefert hat. Auch diese
Maschinen sind durchaus erstklassig - vor allem im Vergleich zu
heutigen Maschinen. Eine gut erhaltene Pfaff ohne IDT würde ich
vergleichbaren aktuellen Maschinen von Pfaff oder anderen Herstellern
immer vorziehen - allerdings nicht einer guten,alten, grauen Pfaff 332,
360 oder 362.
Der nachträgliche Einbau von IDT ist möglich, macht aber keinen Sinn,
da das nach Auskunft eines Nähmaschinenmechanikers rund 180 € kostet.
Meine
Tipp:
Möglichst eine Maschine mit IDT
erwerben.
Die "Stopmatic"
bringt die Nadel in die höchste Position und entkuppelt gleichzeitig
das Nähwerk. Einfach den Hebel zum Heben des Nähfußes ganz nach oben
drücken und schon passiert es. Sofern die Maschine einen Einfädler hat,
ist die Nadel gleich in der optimalen Position oder man kann Garn
aufspulen. Zum Einkuppeln des Nähwerks dann einfach wieder den Nähfuß
senken.
Ob die Maschine eine Stopmatic hat oder nicht erkennt man eigentlich
nur am Handrad (Stopmatic - glatt, kein Innenrad). Stopmatic steht nach
meiner bisherigen Kenntnis nirgendwo drauf. Also ggf. fragen.  
Meine
Einschätzung:
Die Stopmatic bietet ein wenig mehr Komfort. Wenn sie dran ist, kann
man sich freuen. Ein Kaufkriterium wäre sie für mich nicht.
Einige Maschinen (z.B. 1215) bieten auch eine "Synchromatic".
Was diese genau bewirkt, weiß ich leider noch nicht und bin daher für
Hinweise dankbar.
Mit dem mechanischen Einfädler
ist das Einfädeln des Nähgarns schnell und komfortabel erledigt. Nicht
alle Maschinen haben ihn jedoch. Mir ist bekannt, dass Pfaff zumindest
1209- und 1212?-Modelle ab Werk auch ohne ausgeliefert hat. Auch hier
ggf. nachfragen.
Meine
Meinung:
Zwingend notwendig ist der Einfädler nicht. Aber das Gefummel mit einer
Einfädelhilfe hat mich immer genervt und so wurde für mich der
Einfädler zum ganz persönlichen Kriterium.
Ein Koffer oder
eine feste Stülphaube
schützen die Maschine bei Lagerung und Transport - sind aber nicht
zwangsläufig in einem Verkaufsangebot enthalten. Zudem wird im Koffer
auch Zubehör aufbewahrt.  
Meine
Meinung:
Die Maschine sollte möglichst einen Koffer oder eine feste Haube haben.
Zuweilen bekommt man bei Ebay welche. Koffer passen nicht für
Compact-Modelle, da u.a. zu groß und Stülphauben passen andererseits
nicht auf die normalen Modelle, da zu klein!
Zu jeder Pfaff 12xx gehörte ab Werk immer Zubehör:
i.d.R. div. Füßchen, Spulen,
Schraubendreher, Pinselchen,
Nähmaschinenöl und Nahttrenner. Je
vollzähliger das Zubehör beim Kauf
dabei ist, umso besser.
 
Wirklich gebraucht habe ich bisher nur den Standardnähfuß, den
RV-Nähfuss, reichlich Spulen und das Öl. Bei den Spulen ist es wichtig,
dass die richtigen dabei sind. Ältere 12xx-Maschinen nutzen
Metallspulen (werden beim Aufspulen von einem Magneten gehalten),
jüngere Maschinen verwenden die aktuell gebräuchlichen aus klarem
Kunststoff (werden beim Aufspulen von einem kleinen Stift gehalten).
Mein Rat:
Standard-, RV-Nähfuß und genügend (passende!) Spulen sollten beim Kauf
schon dabei sein.
Meine ideale
12xx-Maschine:
- 1209 mit IDT und Fadeneinfädler - hat alles, was ich wirklich brauche
- Anlasser
- Anschiebetisch zugleich
Aufbewahrungskasten für Anlasser
etc.
- optional einsetzbarer Anschiebetisch aus Metall
- Stülphaube
und nachträglich montiert:
- Nähfüßchenhalter für
aktuelle Nähfüße
Den Nähfüßchen- halter habe ich beim
Nähzentrum-Braunschweig
gekauft. Mit ihm kann ich aktuelle Nähfüße (z.B. von meiner 1071)
einfach und schnell anklicken und so ohne Schraubgefummel komfortabel
wechseln. Das ist das einzige, was man m.E. verändern sollte - aber
nicht unbedingt muss.
Warum die 12xx-Maschinen heute noch so begehrt sind, merkt man schnell,
wenn man z.B. mit einer aktuellen Pfaff Select näht. Tast- und
Gehörsinn beantworten die Frage nach dem "Warum?" schnell und eindeutig.
Bei Ebay scheinen viele Käufer sehr auf die 1222 oder 1222E fixiert zu
sein. Das führt bei Versteigerungen oft zu Preisen von
deutlich über 300 €! Auch Händler bieten dort diese Maschinen zu
derartigen Preisen an. Ich würde nicht soviel bezahlen. Die 1222 und
1222E werden in ihrem Nutzen für den Normalverwender im Outdoorbereich
im Vergleich zu anderen 12xx-Modellen m.E. vollkommen überschätzt. Ich
glaube, die zusätzlichen Möglichkeiten dieser Maschinen werden meist
gar nicht benötigt.
Mein Preis für eine einwandfreie und komplette 12xx-Maschine mit IDT
läge bei 250 €. Beim Händler vor Ort dürften es für eine frisch
gewartete Maschine mit Garantie auch maximal 350 € sein. Für Maschinen ohne IDT
jeweils um 50 € weniger.
Diese Maschinen haben oft schon jahrelang unbenutzt irgendwo gestanden.
Selbst wenn sie einwandfrei funktionieren hat man oft beim ersten
Betrieb das Gefühl, dass sie recht zäh laufen. Dies liegt daran, dass
selbst dauergeschmierte Lager (und die hat die 12xx-Baureihe) nach
Jahren der Standzeit schwergängig werden können. Manchmal gibt sich das
schon, wenn man die Maschine einige Minuten ohne Faden laufen läßt.
Wenn nicht, heißt es obere und Seitenverkleidung (die am Handrad)
abnehmen und alle erreichbaren Lager (am Motor erreicht man leider nur
eins) mit wenig aber dafür bestem Nähmaschinenöl vorsichtig schmieren,
laufen lassen, nochmal ölen und wieder laufen lassen. Die meisten
meiner Maschinen liefen danach schön satt, wie geschmiert halt.
Wenn nicht, oder wenn sogar irgendwie ölige Dämpfe aufsteigen, sofort
aufhören. Dann sollte der Nähmaschinenmechaniker übernehmen.
Meine 1212 ohne IDT habe ich inzwischen wieder verkauft, denn meine fast
neuwertige
1209 ist die bessere Maschine. Meine Pfaff 1071 Tiptronic mit IDT
behalte ich, denn sie ist auch ganz ausgezeichnet. Aber irgendwie mag
ich meine 1209 noch einen Tick lieber.
Ein Rat zum Schluss: Eine Maschine, die man bei Ebay kauft oder
ersteigert, sollte wirklich einwandfrei funktionieren. Reparaturen
kosten richtig gut Geld und schnell verwandelt sich ein vermeintliches
Schnäppchen zum €uronengrab!
Viel Spaß und Erfolg bei der Hatz auf eine gute Pfaff-12xx!
Bei
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