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Wie kann ich leichter
Laufen?
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Denn leichter laufen =
besser laufen!
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Auf dem Dalesway hatte ich 10 - 12 kg auf dem
Rücken, auf der Schwäbischen Alb so 9 -
11 kg und auf dem Cornwall Coast Path dann um 9
kg. Das waren Touren mit Unterkünften und
von mal zu mal wurde der Rucksack leichter.
Auf dem schwedischen Fjäll 2010 wog mein
Rückengepäck dann mit Zelt, Küche
und Campingzeugs so 18 Kilogramm! Ich hatte das
deutliche Gefühl, dass hier etwas geschehen
müsste.
Dabei war mein Lowe Alpine Cerro Torre 75+20 ein
vorzüglicher Rucksack und ich hatte keine
sonderlichen Beschwerden, diese Last zu tragen -
ich wollte es nur nicht mehr!
Claudia und ich hatten schon an
Gewichtsreduzierungsmaßnahmen gearbeitet und
auch erste Erfolge erzielt. Doch das erschien mir
jetzt nicht mehr ausreichend. Dem erneuten Lesen
des Buches "Trekking Ultraleicht" von
Stefan Dapprich folgten weitreichende (und noch
lange nicht abgeschlossene) Recherchen im
Internet. Da stieß ich dann unweigerlich auf
die UL- Szene, Menschen und kleine Firmen, die
sich mit ultraleichter Ausrüstung für
Outdooraktivitäten befassen. Namen wie
"Q bloggt", "Go Lite", "Laufbursche", "Brasslite", "Gossamer Gear", "Tarptent" "Hiking in Finnland", "Zen
Stoves" und viele andere tauchten auf und ich
war erstaunt und beeindruckt über die
Kreativität, Leidenschaft und auch
Professionalität, die sich hier tummelte.
Zuletzt bekam ich Ray
Jardines "Trail Life" und sein "Tarp Book" in
die Hände. Er scheint mir einer der ganz
wichtigen Wegbereiter des leichten bis
ultraleichten Wanderns und Trekkens zu sein -
auch wenn man nicht alle seine Positionen teilen
muss.
Ich fing also auch an, mir darüber Gedanken
zu machen, wie ich das Gewichtsproblem angehen
könnte.
Zunächst einmal schaute ich kritisch auf
meine Packlisten. Nach und nach flog alles
heraus, was ich nicht wirklich brauche (und da
kam noch einiges zusammen) oder dessen Funktion
durch ein anderes Teil mit übernommen werden
konnte. Brauche ich wirklich eine Hose zum
wechseln, wenn ich eine Regenhose, eine lange
Unterhose und eine Radler dabei habe?
Dann kam die Frage nach dem Gewicht der
verbliebenen Teile. Gab es die nicht auch
leichter? Ja sicher, in den meisten Fällen!
Aber kaufen war oft teuer. Zumal wenn die
Ausrüstung meinen Anforderungen
genügen sollte:
- Die Funktion bereit
stellen, die ich von ihr erwarte,
- hinreichend robust und dabei
- so leicht wie nur
möglich sein und bei allem auch noch
- ein Mindestmaß an
Komfort bieten, auf den ich einfach
nicht verzichten möchte.
Es kommt mir also auf Ausgewogenheit an. Leicht um
wirklich jeden Preis ist nicht mein Ziel!
Daraus ergab sich die nächste Frage: Welche
dieser Teile kann ich selbst herstellen, welche
sollte ich lieber kaufen? Inzwischen weiß
ich, dass mit zunehmendem Wissen und
größerer Erfahrung die Grenzen des
Selbermachens (Make Your Own Gear - frei übersetzt:
mach dein Zeugs selbst) viel weiter gesteckt
sind, als zu Beginn angenommen.
Inzwischen weiß ich aber auch, dass MYOG
nicht zwangsläufig preiswerter als kaufen
ist, insbesondere dann nicht, wenn man immer
wieder Verbesserungsmöglichkeiten entdeckt.
So habe ich mir inzwischen 5 Rucksäcke
selbst genäht - die alle ganz ausgezeichnet
funktionierten/funktionieren - und mache mir
schon wieder Gedanken über Verbesserungen
bei Nr. 5. Dieser ist regendicht, hat ca. 60
Liter Stauraum und wiegt nur noch 465 g! Mit den
angedachten Verbesserungen wird er jedoch
unter
400 g wiegen, ohne Hüfttragegurt wohl nur
noch unter 300 g.
Aber wichtig ist mir vor allem eins: Ich kann
meine Ausrüstung genau so gestalten, wie ich
sie mir vorstelle.
Und noch etwas konnte ich feststellen: Mit der
Maschine nähen können ist die zentrale handwerkliche
Fertigkeit, wenn man für den Outdoor-
Bereich selbst Dinge anfertigen möchte. Dies
zu lernen ist nicht so schwer und der Besuch
eines Nähkurses dabei sehr hilfreich. Zu
meiner Überraschung mußte ich in meinem
Kurs feststellen, dass Männer keineswegs
Exoten an der Nähmaschine sind.
Dem Rat der UL-Experten folgend habe ich
zunächst begonnen, die großen
Schwergewichte meiner Ausrüstung leichter zu
machen:
Zelt
Für Wandern und Trekking nutze ich aktuell
ein MSR Hubba Hubba HP mit Footprint (MYOG).
Dieses wiegt komplett ca. 2100 g, was m.E.
für 2 Personen gerade noch ok ist. Ich habe
es 2013 im schwedischen Fjäll genutzt, denn
die Gegend kann zuweilen recht ruppige
Bedingungen haben.
Für 2014 plane ich Hikes in Deutschland.
Dort werde ich dann ein MYOG 2-Personen Tarp mit
Net-Tent nach Ray Jardine nutzen. Dies wird dann
komplett unter 1000 g wiegen.
Schlafsack
Im Fjäll habe ich meinen Exped Comfort 600
Daunenschlafsack (1230 g) genutzt. Für die
Touren 2014 wird ein MYOG-Quilt zum Einsatz
kommen. Dafür wird mein gut erhaltener
Cocoon Silk Traveller gepimpt. Die Form wird
geändert, eine zusätzliche Lage Clima
Shield 130 eingebracht und eine Fußbox
genäht - Design frei nach Ray Jardine. Das
Ganze wird dann so um 950 g liegen.
Isomatte
Da kommt meine ThermaRest NeoAir für 4
Jahreszeiten (ca. 560 g) zum Einsatz - auch um
meinen lädierten Rücken etwas zu
schonen. Es gibt auch leichtere NeoAirs mit ca.
340 g. Die sind mir für
Langstreckenwanderungen nach eigener trüber
Erfahrung jedoch nicht robust genug.
Rucksack
Rucksäcke hatte ich schon von
Salewa, Mammut, Deuter und Lowe Alpin. Von 1500 g
bei max. 50 Litern bis 3000 g bei max 85 Litern.
Das waren alles durchaus gute Rucksäcke mit
Innengestell und trotzdem war ich aus
insbesondere zwei Gründen nicht mit ihnen
zufrieden:
- Die Rucksäcke hatten alle ein zu hohes
Eigengewicht und
- sie hatten außen zu wenig Stauraum, auf
den man schnellen Zugriff hat
und in dem man nasse Sachen (z.B.
Außenzelt) unterbringen kann.
Nach längeren Recherchen in der UL-Szene
fand ich dann "meinen" Rucksack bei Laufbursche.
Nur leider konnte man den damals noch nicht
einfach kaufen, denn er baute seine kleine
Manufaktur erst auf und seine Packs waren noch
"Erlkönige".
Also fing ich an, Laufbursches Rucksack
nachzukonstruieren und zu nähen. Das machte
mir derart Spass, dass inzwischen 5
Rucksäcke entstanden sind, davon die letzten
beiden im eigenen Design.
Den PlünnenSack
3 mit 775 g Gewicht und rund 70 Litern
Packraum (max.) habe ich im Fjäll
erfolgreich eingesetzt. Auf meinen
Deutschland-Hikes wird ein vergleichbares Modell,
allerdings mit weniger als 400 g Gewicht zum
Einsatz kommen. Ich konnte beim PlünnenSack
4 leichtere Materialien verwenden, weil das
maximale Rucksackgewicht (mit
Verbrauchs-materialien) unter 10 kg liegen
wird.
Meine kommerziellen Rücksäcke habe ich
inzwischen verkauft, denn die selbst
genähten Packs haben sich bestens
bewährt.
Kocher
Ins Fjäll hatte ich den bewährten,
kleinen Trangia dabei, allerdings mit nur einem
Topf und leichterer MYOG-Zange. Der Trangia ist
mit seinen 630 g in dieser Zusammenstellung
natürlich nicht der leichteste Kocher, aber
m.E. der geeignetste für diese Region.
Auf den Touren 2014 werde ich allerdings meinen
Ti-Tri Sidewinder von Trail Designs
einsetzen. Der wiegt mit Titantopf nur rund 290 g
und ich kann problemlos auch mit Holz kochen.
Ich habe gut funktionierende Hobokocher
selbst gebaut, die auch mit
MYOG-Spiritusbrennern und dem Trangia
Gas-Einsatz betrieben werden können. Sie
sind allerdings etwas schwerer und
größer als der Ti-Tri und werden daher
auf diesen Touren nicht zum Einsatz kommen.
Soweit die schweren Brocken. Aber ich fand noch
mehr Möglichkeiten zur Gewichtsreduktion und
dieser Prozess wird wohl auch nie abgeschlossen
sein. Hier die wichtigsten:
Regenanorak
Ist auch
MYOG. Das Material kommt von Extremtextil
und vermutlich handelt es sich um G-Tex in einer
leichteren Ausführung.
Der Anorak basiert auf dem Schnitt des
Fairbanks Schlupfanorak von Green Pepper, hat
keine Taschen, keinen überflüssigen
Firlefanz und soll nur eins leisten: Mich trocken
halten! Und das schafft er mit seinen 350 g
spielend.
Ich hätte ihn noch leichter fertigen
können, aber das wäre zu Lasten der
Robustheit gegangen. Wege durch enger stehende
Bäume oder Buschwerk wären dann
tabu.
Schuhwerk
Sich über das Gewicht des Schuhwerks
Gedanken zu machen, wird oft vergessen. Obwohl
diese an den Füssen befindliche Massen bei
jedem Schritt angehoben, beschleunigt, abgebremst
und abgesenkt werden werden müssen. Gerade
diese Dynamik kostet viel Kraft und jedes Gramm
Gewicht schlägt hier in besonderer Weise zu
Buche. Ich hatte mal zum Spaß
überschlagen, was es bedeutet, wenn man nur
1 g auf einer Strecke von 30 km bei 70 cm
Schrittlänge zusätzlich an einem
Fuß mitführt. Das Ergebnis war
erstaunlich.
Und so macht es einen erheblichen und deutlich
spürbaren Unterschied, ob das Schuhwerk
2000, 1500 oder 1000 g wiegt. Einfach nur
leichtere Schuhe anziehen ist nicht unbedingt
zielführend. Die richtige Wahl hängt
von verschiedenen Faktoren ab. Hier einige:
- Terrain - je schwieriger je stabiler und
robuster muss der Schuh sein
- Jahreszeit / voraussichtliches Wetter - je
schlechter je wetterfester muss der Schuh
sein
- Gewicht der Person - je schwerer je mehr
Stützwirkung des Schuhs ist erforderlich
- Gewicht des Gepäcks - je schwerer je mehr
Stützwirkung des Schuhs ist erforderlich
Im Fjäll nutzte ich die Meindl Air
Revolution Lite mit 1170 g das Paar, in
Deutschland Salomon XA Pro 3D mid Ultra 2 GTX,
die nur 900 g wiegen.
Nicht nur ein leichterer Rucksack ist wichtig.
Auch die Dinge, die man zumeist auf dem
Körper hat, müssen ja getragen werden
und landen u.U. auch mal im Rucksack.
Meine Kamera mit
350 g lasse ich zu Hause. Mein Sony Xperia Z
macht ausgezeichnete Bilder, die für meine
Ansprüche ausreichend sind.
Auch Kompass und
GPS werden durch
das wasserdichte Xperia Z ersetzt. Damit die
Energie nicht ausgeht, habe ich ein 5000 mA/h
Akkupack dabei.
Von den Landkarten werden
überflüssige Bereiche abgeschnitten.
Die Karten für Kungsleden Nord und Süd
wiegen nun ca. 500 g weniger!
Die genaue Überprüfung des Waschbeutels ergab, das ich
viel zu große Mengen vorgesehen hatte. Nun
sind es noch 210 g inklusive Handtuch.
Auch der Erste Hilfe
Beutel enthielt viel zuviel. Nach
kritischer Überprüfung bleiben noch 150
g. Hier sind aber sehr sorgfältige
Abwägungen unbedingt erforderlich.
Mein Messer ist
ein Victorinox Classic Miniatur mit 22 g für
Messerklinge, Pinzette, Zahnstocher, Schere und
Feile. Mehr brauche ich nicht. Mein letztes Ren
habe ich vor Jahren geschlachtet und mit frischen
Zutaten koche ich nur in Unterkünften mit
Küchennutzung und -equipment.
Als Besteck habe
ich nur einen Löffel aus Titan. Messer und
Gabel haben sich im laufe der Jahre als
überflüssig erwiesen.
Auf ein Cover
oder Lining
für den Rucksack kann ich verzichten, da ich
ihn aufgrund seiner Konstruktion regendicht
machen konnte. Alles, was absolut trocken bleiben
muss, ist sowieso in wasserdichte Beutel aus
Silnylon von Sea-To-Summit verpackt.
Die
Ausstattung wird ständig verbessert und
ergänzt. So habe ich für das Fjäll
noch einen 300 g leichten Windsack genäht. Als
Schutz, wenn in heftigem Wind Pausen gemacht
werden müssen oder für den Fall der
Fälle als Notzelt.
Als Wärmeschutz habe ich mir eine ebenfalls
nur 300 g wiegende Iso-Weste (Primaloft) mit
Kapuze genäht. Weitere Ideen für MYOG
gibt es noch genug. Einige habe ich bereits
erwähnt.
Ich habe hier nur einige meiner Überlegungen
und Maßnahmen vorgestellt. Die Thematik
Leichtes oder sogar Ultraleichtes Wandern wird in
den angesprochenen Büchern sehr umfassend
dargestellt, so dass ich sie nur empfehlen
kann.
Mein Anliegen ist, einfach zum Ausprobieren zu
ermutigen und vielleicht sogar selbst
Ausrüstungsgegenstände zu fertigen.
Für mich war es jedenfalls sehr erstaunlich,
wie enorm sich leichteres Equipment sich auf den
Genuss einer Wanderung oder Trekkingtour
auswirkt.
Und zum Schluss: Bei 20 kleinen Dingen je 5 g
eingespart sind auch 100 g!
Und so richtig Gewicht sparen sollte man auch in
vielen Fällen an sich selbst. Auf dem Bild
mit der Weste musste ich leider mal wieder
erkennen, dass da bei mir noch deutliche
Verbesserungspotentiale hinsichtlich der Biomasse
im 10 kg-Bereich gegeben sind. Dagegen ist ein
sensationell 2 g sparender, abgesägter
Zahnbürstenstiel doch ein Witz - oder!? Doch
bedauerlicherweise ist es für mich viel
leichter, einen trekkingtauglichen Rucksack in
der 400 g-Klasse zu gestalten und zu nähen,
als besagte Biomasse zu reduzieren. Seufz ...
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