Ich war dann auch mal weg ...
|
Auf der Via Francigena von Lausanne nach Rom
|
Vorwort
Meine Pilgerwanderung ist vorüber. Fünfzig Tage trugen mich meine Beine
von Lausanne nach Rom und nun hat mich mein Alltag wieder.
Ich sitze vor meinem Computer und versuche einen Bericht über das
Erlebte zu verfassen. Doch es fällt mir schwer, die passende Worte zu
finden, so viel war geschehen, so viele Eindrücke
habe ich aufgenommen.
Zwei Länder erlebte ich aus der Perspektive des Fußwanderers und lernte die ganz
normalen Menschen dort kennen. Ich traf etliche Mitpilger,
verbrachte Zeit mit ihnen und wanderte manchmal mit ihnen. Wir trennten
uns, fanden uns oft wieder und wurden so zu einer kleinen Gemeinschaft
von Gefährten mit dem selben Ziel. Mit einigen feierte ich dann die
Ankunft in Rom und alle fühlten wir ein wenig Trauer, als wir uns
schließlich endgültig trennten.
Die Wanderung nach Rom ist für mich ein unvergleichliches Erlebnis.
Alles, was ich mir zuvor davon erhoffte, traf in einem solchen Übermaß ein,
dass es mich immer noch staunen lässt und ich war, wie mein
holländischer Freund Gerben so schön einige Male sagte, "a lucky man".
Ich lernte viele nette und interessante Menschen kennen ohne eine
wirklich schlechte Erfahrung machen zu müssen, ich durchwanderte
wunderschöne Landschaften, verletzte mich nicht ernsthaft oder wurde
krank, mir schien fast immer die helle Sonne des Südens und ich hatte zusammengenommen nur ca. zwei Tage Regen in fünfzig Tagen!
Ich habe mich entschlossen meinen Bericht in Form einer Art Tagebuch zu
schreiben, für jeden Tag einige Zeilen und vor allem ein paar Bilder.
Ich hoffe, dass alles ein wenig informativ und vielleicht auch unterhaltsam
ist.
Vielen Dank an Laura, Aurélie, Marijke, Geri, Gerben, Wiebe,
und die Münsteraner, die mir ihre Bilder für diesen Bericht zur Verfügung
gestellt haben.
Lübeck im Oktober 2016
|
31.08.2015: Anreise Lausanne
|
Die
Deutsche Bummelbahn - kurz DB - hatte es mal wieder geschafft! Der ICE nach
Basel rollte mit einer halben Stunde Verspätung in Hamburg Hauptbahnhof
ein. Wie war so etwas möglich auf der kurzen Strecke von Hamburg Altona
zum Hauptbahnhof?
Diese Verspätung führte schließlich dazu, dass in Basel gleich hinter
der Grenze Endstation war. Der Zug konnte nicht mehr durch die Stadt
geführt werden. Dies wiederum führte dazu, dass ich den
erstklassigen Sevice der Schweizer Bahn kennenlernen durfte. Als ich am
Infoschalter wegen der Weiterfahrt nach
Lausanne fragte, wurde mir freundlich mitgeteilt, dass man schon auf die
Passagiere des deutschen Bummelbahnzuges warte. Ich war sprachlos. Eine
Minute später hatte ich alles Erforderliche für meine Weiterfahrt nach
Lausanne und ein paar weitere Minuten später rollte ich in einem
blitzblanken Zug der SBB gen Lausanne.
Dort angekommen machte ich mich auf dem Weg zum Lausanne Guesthouse.
Dies war, da nahe am Hauptbahnhof liegend, recht schnell erreicht - und
recht schnell auch wieder verlassen. Es ist unclever, sich in einem fremden
Land mit fremder Währung ohne eben diese Währung zu bewegen. Also zurück zum
Hauptbahnhof, am Bancomat Bares besorgt und zurück ins Guesthouse. Dann
war einchecken problemlos.
Das Guesthouse ist wirklich zu empfehlen. Es ist preiswert, sauber und
liegt günstig in der Nähe des Hauptbahnhofs. Eine typische Unterkunft
für Backpacker, jedoch m.E. für den längeren Aufenthalt eher nicht geeignet.
Eine gut eingerichtete Küche hilft in der superteuren Schweiz das
Budget zu schonen und auch ein gemütlicher Aufenthaltsraum mit WiFi
steht zur Verfügung.
Ich fühlte mich wohl und so ging ein langer Reisetag gut zu Ende. In
mir war Erleichterung und Freude, nun endlich am Startort meiner
Wanderung zu
sein und dass es tatsächlich losgehen konnte. Es gab aber auch ein
leicht mulmiges Gefühl, denn eine lange Reise lag vor mir und was
würde mich wohl alles erwarten, welche Unwägbarkeiten und vielleicht
sogar Gefahren würde es geben? Würde ich es schaffen? Ich wußte, dass
ganz sicher nicht alles
reibungslos verlaufen würde, aber andererseits spürte ich eine starke
Zuversicht, mit allem fertig werden zu können.
Mit all diesen Gedanken im Kopf
schaute ich noch ein wenig vom Balkon über die Stadt und den Genfer See und
ging dann zu Bett.
|
 |
Die
Zimmer des Guesthouse lagen zur Seeseite hin und hatten meist Balkon. Von dort schaute ich über die
Stadtbereiche südlich der Bahnlinie bis hin zum See. Hier der Blick
nach Westen zum See hin. Das Zimmer war mit Doppelstockbetten
ausgestattet und enthielt außer kleineren Ablagen und zwei Stühlen
keinerlei weitere Möbel. Auf dem Flur gabs große Schließfächer fürs
Gepäck. Alles war sehr sauber.
|
|
Der
Aufenthaltsraum im Erdgeschoss war recht gemütlich eingerichtet und mit
WiFi ausgestattet. Gleich nebenan gabs eine gut ausgestattete Küche mit
großem Kühlschrank. Mir
gefiel das Guesthouse recht gut. Es soll im teuren Lausanne eine
preiswerte und gleichzeitig ordentliche Möglichkeit zur Übernachtung
bereitstellen und diesen Zweck erfüllt es sehr gut. Für alle, die nur
einen Übernachtungsplatz suchen eine echte Empfehlung!
|
|
|
Tag 1 -
01.09.2015: Lausanne - La Tour-de-Peilz (Camping La Maladaire)
|
Am frühen Morgen noch einen Kaffee in der Küche gebraut, etwas gegessen
und dann ging sie endlich los, meine lange Wanderung nach Rom. Es war
warm und so verließ ich das Guesthouse leicht gekleidet und machte mich auf den Weg
hinunter zum See. Rund 30 Kilometer lagen heute vor mir und da ich nicht aus religiösen Gründen pilgerte, verzichtete
ich auf den Umweg zur Kathedrale hinauf. Ich
ging entlang der U-Bahnlinie zum See hinunter, passierte ein Gewirr von
Gassen, Treppen, Plätzen und Höfen. Und ganz plötzlich war
die Sicht frei und die riesige Fläche des Sees lag vor mir - ich
war endlich auf der Via Francigena. Vom
fernen Canterbury kommend führte sie hier am Seeufer weiter bis Rom. Was
für ein Moment! Jetzt wurde es ernst und diesem Weg wollte ich nun bis
Rom folgen, wie Pilger es schon seit hunderten Jahren vor mir taten!
Auf der chicen, kilometerlangen Promenade wanderte ich am reichen
Lausanne vorbei, am Olympia-HQ und erreichte schließlich die
Stadtgrenze. Nun
führte der Weg auf der Mauerkrone der
Uferbefestigung aus Beton weiter. Es war ein abwechselungsreiches Laufen hier und es machte
Spass.
Irgendwo bei Villette bog der Weg dann mit einem recht heftigen
Aufstieg (empfand ich zu dem Zeitpunkt
jedenfalls so - unwissend, was noch kommen würde) ins
Landesinnere und in die Weinberge ab. Durch die ging es nun Kilometer
auf Kilometer sanft auf und
ab. Zuweilen in einiger Höhe über dem See und immer auf den endlosen
Wirtschaftswegen aus Beton. Immer wieder boten sich mir herrliche
Ausblicke auf den See und die Weinberge an
seinem Ufer. Der der Beton marterte mir der Zeit Füsse und
Beine und ich hatte mich auch noch nicht eingelaufen. Bei starker
Sonneneinstrahlung und Hitze mußte dieser Wegabschnitt, vor allem wegen der
oftmals hohen Stützmauern an den Seitn ein richtiggehender Backofen sein! Ich aber lief im immer heftiger wehenden
warmen Wind und hatte derlei Probleme nicht.
Immer wieder passierte ich malerisch gelegene Weingüter und
durchquerte die kleinen Dörfer und Städchen am Weg. An den Weinstöcken
hingen verlockend pralle Trauben, aber ich probierte nur ein paar
Beeren. Am Nachmittag erreichte ich
nach einem weiteren heftigen Aufstieg St. Saphorin und kurz darauf
Vevey. Meine Oberschenkel brannten wie Feuer. Langsam war ich
schon rechtschaffend müde. Von der Wärme des Morgens war auch nichts mehr
geblieben. Der Wind blies inzwischen sehr frisch und zog mir die Wärme aus dem Körper.
Hinter La Tour-de-Peilz übersah ich dann fast ein kleines Schild an der
Straße. "Camping La Maladaire", endlich. Ein kleiner Weg führte schräg
hinunter an den See und dann war ich da. Der Platz lag direkt am
Seeufer, war einfach, ganz schweizuntypisch etwas provisorisch wirkend ausgestattet aber ideal für Wanderer und Radfahrer.
Das Zelt war schnell aufgebaut und die Routineaufgaben erledigt. Beim
Abendessen lernte ich ein österreichisches Pärchen kennen. Sie
waren mit Fahrrädern auf dem Weg nach
Südfrankreich zur Hochzeit von Freunden.
Es hatte zu regnen begonnen und so verkroch ich mich
bald in mein Zelt.
Die merkwürdig brennenden Oberschenkel rieb ich mit Tigerbalm ein und
inspizierte dann meine Füsse. Unter beiden hatte ich mir unbemerkt
dicke Blasen gelaufen. Ich hatte so eine Ahnung, dass die mich wohl noch länger
beschäftigen würden, aber ich ahnte nicht, wie sehr.
Aus irgend einem Grund begann ich dann, die Erlebnisse des Tages
aufzuschreiben. Ich hatte bewußt kein Heft oder dergleichen
mitgenommen, da ich eigentlich OneNote auf meinem Smartphone nutzen
wollte. Aber mir war mit einem Mal nach Schreiben und so beschrieb ich auf die Rückseiten
meiner kopierten Swiss Topo Karten. Später schrieb ich auf allem, was
verfügbar war und so entstand mein eigenartiges Loseblatt-Tagebuch. Ich
habe es fast täglich geführt und immer diesen kleinen Rückblick auf den
Tag genossen. Merkwürdig, denn auf meinen vielen anderen Wanderungen
hatte ich abends einfach nie den Nerv dafür.
Der Regen prasselte aufs Zelt und irgendwann schlief ich erschöpft aber sehr zufrieden ein.
|
|
Früher Morgen am Genfer See. Es war recht warm und die Wolken waren mir recht
|
 |
Keine
Spur vom Schweizer Fernwanderweg 70, der ab hier identisch mit der Via
Francigena ist. Ich lief einfach am Seeufer entlang Richtung Montreux.
|
 |
Im Bereich Lausanne macht das Geld Ferien und so kam ich in den Genuss eine kilometerlangen gepflegten Promenade.
|
 |
Als
diese dann bei Cully endete ging es auf der Uferbefestigung weiter.
Manchmal mussten dabei private Hafenbecken o.ä. passiert werden.
|
 |
Irgendwann verließ ich den See und es ging hinauf in die Weinberge.
|
 |
Es
schien, als wären diese Betonwirtschaftswege Straßen in die Unendlichkeit.
Bei Sonnenhitze wollte ich hier nicht wandern. |
 |
Die
Erntezeit war nahe und so hingen überall dicke Trauben an den
Rebstöcken. Ich naschte nur ein paar Beeren. Sie waren vorzüglich.
|
 |
Auf
dem See war eine emsige Flotte weißer Fähren unterwegs. Sie verbindet die
Orte am Ufer miteinander. Es gab auch ganz moderne Schiffe, aber meine Lieblinge waren eindeutig die alten Schaufelraddampfer.
|
 |
Der
Wind hatte mächtig aufgefrischt und so war nun oft ein richtiges Timing wichtig. Sonst gab es eine Dusche.
|
|
Immer wieder herrliche Ausblicke auf den See und seine Ufer. Und manchmal musste ich ganz schön hoch hinauf.
|
 |
Am Weg liegen kleine, meist sehr malerische Weingüter.
|
 |
Einer
der beiden fiesen Aufstiege des Tages. Später hatte ich ganz andere zu
bewältigen, aber diesen hier am Anfang meiner Tour empfand ich als
ziemlich schikanös.
|
 |
Die
Ausschilderung der Via Francigena in der Schweiz. Sie schien mir nicht
immer so perfekt wie oft gelobt. Aber wirkliche Probleme, den Weg zu
finden, hatte ich nicht.
|
|
Kunstwerk
eines mächtigen Lebensmittelkonzerns, der sich gerade anschickt, die
Süßwasserreserven dieser Welt zu fressen. Wie passend! Fast schon
zynisch!
|
 |
Beinahe
wäre ich daran vorbei gelaufen! Rund 10 CHF für eine Übernachtung - für Schweizer Verhältnisse ein absolutes Schnäppchen.
|
 |
Camping La Maladaire ist wirklich schön gelegen.
|
|
|
Tag 2 -
02.09.2015: La Tour-de-Peilz - Versvey
|
Der Regen der Nacht war vorbei und der Blick aus dem Zelt ließ einen
schönen Tag erwarten. Ich fühlte mich gut. Auch meine Oberschenkel
schmerzten nicht mehr. Tigerbalm sei Dank!
Beim Frühstück erschien dann auch der Platzbesitzer. Da am Abend
niemand Geld haben wollte hatte ich mich schon über eine
Gratisübernachtung gefreut. Na gut, die 10 CHF waren ja nun wirklich
vollkommen in Ordnung. Für die Schweiz hatte ich extra mein HexHex
mitgenommen, da mir normales Übernachten deutlich zu teuer schien und Pilgerunterkünfte rar waren. Ich
schickte es später von Italien nach Hause. Die Mitnahme des Zeltes
erwies sich noch als eine sehr gute Entscheidung.
Der Morgen war herrlich klar und rein und der See zeigte sich ganz zahm. Die Österreicher machten noch ein paar Fotos
von mir und dann war ich wieder auf dem Weg. Das Stück von
Clarens bis Villeneuve war an diesem strahlenden Morgen ein einziger schöner Spaziergang.
Beim Denkmal von Freddy Mercury hatte sich schon früh morgens eine
größere Menschenmenge eingefunden, meist sehr junge Leute unter zwanzig. Wie
gern hätte ich ich 1986 sein
grandioses Konzert in Montreux gesehen hätte. Was für ein Künstler und
Performer!
Etwas weiter erinnerte das Château de Chillon daran, dass diese heute so
friedfertige Gegend zu früheren Zeiten wohl oft Begehrlichkeiten geweckt
haben muss. Wer die Alpenübergänge hatte, der hatte Reichtum und Macht.
Auf dem Weg am See entlang merkte ich gar nicht, wie zügig die
Kilometer flossen. In Villeneuve angekommen nahm ich dann auf einer
Bank am See Abschied von diesem schönen See, der sich nun wieder von
seiner südländischen Seite zeigte.
Der weitere Weg zum "Camping Clos de la George" ist nicht sonderlich
erwähnenswert. Allerdings erlebte ich zunächst eine Überraschung. Von
der Bahnstrecke kommend stieß ich zunächst auf den großen Campingplatz an der
Hauptstraße und dachte, ich wäre schon da. Bis ich merkte, dass der
richtige Platz auf der anderen Seite der Straße und etwas entfernt von
dieser lag. Auch dieser Platz war mit 14 CHF vergleichsweise preiswert
und bot alles, was ich brauchte.
Meine Blasen machten mit zunehmend Sorgen und insbesondere fürchtete
ich eine Infektion. Daher versorgte ich die Füsse so gut wie möglich
und beschloss, wenn möglich, die folgenden Tage meine Füsse ein wenig zu entlasten, damit der
Heilprozess gefördert wird.
|
 |
Am Morgen hatte sich das Wetter wieder beruhigt und der See ...
|
 |
... zeigte sich von seiner besten Seite.
|
 |
Ein paar Fotos noch ...
|
 |
... und auf gings Richtung Montreux.
|
 |
Der Weg führte wieder direkt am Ufer entlang und ...
|
|
... wurde immer schöner, je näher ich Montreux kam.
|
 |
Die alten Fähren faszinierten mich immer wieder.
|
 |
In
Montreux konnte ich das Geld riechen - es stank tatsächlich nicht - und entsprechende Anwesen und Hotels
reihen sich am Ufer. Doch hin und wieder fand ich noch Zeugen eines
anderen Montreux. Wie z.B. dieses alte Holzhaus im Bäderstil.
|
 |
Und
natürlich kam ich an seinem Denkmal nicht vorbei. Freddie, der
Unvergleichliche! Er wohnte und arbeitete hier und gab auch Konzerte.
Erstaunlich war für mich, dass er so viele Jahre nach seinem frühen Tod
offenkundig ganz
junge Fans hat.
|
 |
Das Postkartenmotiv schlechthin taucht bald hinter Montreux auf, das Château de Chillon.
|
 |
In
Villeneuve hieß es Abschied nehmen vom Lac Leman und seine schönen
Fährschiffen. Das nächste größere Wasser würde ich, wenn alles gut
lief, erst nach vielen, vielen Tagen bei Sarzana wiedersehen.
|
 |
Nach
einigen öden Kilometern an der Bahnstrecke kam der Zeltplatz in Sicht. Er
liegt etwas abseits der Hauptstraße und sollte nicht mit dem direkt an
der Hauptstraße verwechselt werden. Dort ist Zelten nicht möglich.
|
|
|
Tag 3 -
03.09.2015: Versvey - St. Maurice
|
Auf nicht so spannenden Wegen gings am nächsten Morgen zunächst nach
Aigle. Ein hübsches altes Städtchen. Man bereitete gerade
irgendeine Festivität vor und war dabei, eine riesige Fress- und
Saufmeile aufzubauen. Ich sah also zu, dass ich weiter kam.
Der Weg zum Château und dann durch durch die Weinberge zu Le
Plantour hinauf entschädigte mich allerdings. Bei Verchiex
verließ ich den Pilgerweg und wanderte durch Verchiex
über den Wirtschaftsweg nach Ollon. Eine gute Entscheidung, denn von diesem Weg hatte ich mehrfach einen
tollen Blick über das Rhônetal. Außerdem war er nicht ganz so
strapaziös für meine Füsse.
Irgendwann stieß ich wieder auf den Pilgerweg und folgte diesem zum
Fluss hinunter. Es folgte ein endlos scheinender Weg meist an der Rhône entlang bis St. Maurice.
In St. Maurice erlebte ich eine böse Überraschung. Der Campingplatz
"Camping du Rhône" bei Lavey-les-Bains existierte nicht mehr, bzw.
nicht mehr für die Öffentlichkeit. Also machte ich mich mit
hängendem Kopf und schmerzenden Füssen auf zum "Camping du Bois-Noir",
der rund zweieinhalb Kilometer entfernt war. In einem Wagen mit laufendem Motor saß ein
jüngerer, uniformierter Mann. Er sprach mich an. Wo
ich denn hin wolle? Aha! - ob er er mich mitnehmen könne? Meine Füsse
schrien "Jaaa!!!" und so stieg ich ein. Ich fragte ihn wegen seiner
oliven Uniform, ob er beim Militär wäre. Nein, nein, er sei bei der
Polizei, einer Spezialeinheit. Als ich ihm erzählte, das ich ein
pensionierter Polizist sei, war er ganz aus dem Häuschen. Er hieß
Michele und war ein total netter Kerl. Er setzte mich bei der Rezeption
ab und forderte mich auf, auf keinen Fall fortzugehen. Er wäre in zehn
Minuten wieder da! Ich versprach es. Nach zehn Minuten kam er wieder
mit zwei Flaschen Wein in den Händen. Eine gab er den Betreibern des
Platzes - er kannte sie wohl - mit der Aufforderung, mich ja gut zu
behandeln und eine gab er mir. Es war eine Spezialabfüllung aus dem
Weinberg, den sein Einheit betrieb. Ich war wirklich berührt und sagte
ihm, dass ich die Flasche gar nicht transportieren könne. Das wisse er
meinte er nur, aber es wäre ihm einfach wichtig, mir, einem Kollegen, diese
Flasche zu schenken. Es ist sonderbar wie sich manchmal Dinge ganz
unvermutet und ohne eigenes Zutun zum Guten wenden. Da kann man nichts
mehr sagen. Michele, ich habe Dich und Deine Geste nicht vergessen! Es war irgendwie ein kleines Wunder.
"Camping du Bois-Noir" hatte ein modernes Servicehaus, das von außen wie
eine Lagerhalle aussah. Und es gab WiFi. Die 20 CHF für die
Übernachtung gingen in Ordnung. Mein Zelt bekam ich noch aufgebaut und
ich kroch dann ziemlich fertig hinein. Nichts ging mehr, es reichte.
|
 |
Vom "Camping Clos de la George" gings zunächst mal wieder zur Bahn und an dieser entlang.
|
 |
Aigle, eigentlich ein hübsches Städchen - wenn sie dort nicht gerade ein großes Fest vorbereiten.
|
 |
Der Weg hinauf zum Château und durch die Weinberge ist malerisch.
|
|
Bei
Verchiex war ich vom Weg abgewichen und lief auf einem Wirtschaftsweg.
Von dort hatte ich überraschend schöne Ausblicke ins Rhônetal.
|
|
Auch der Weg nach Ollon hinein war recht schön.
|
|
Von dort ging es dann über Villy an die Gryonne und an der entlang bis zur Rhône. Der Weg am Fluss entlang war eher eintönig.
|
 |
Nicht unbedingt spannend und ...
|
 |
... die Füsse fanden es auch nicht gut. Diese Treter, eigentlich gut bewährt, waren die Ursache meines Übels.
|
 |
Biber at work. Dass es in der hier sehr schnell fließenden Rhône welche gibt hat mich überrascht.
|
 |
Michele,
mein schweizer Lieblingspolizist, mit den Betreibern von "Camping du
Bois-Noir". Er war zwar Angehöriger einer Spezialeinheit, aber ich
durfte ihn trotzdem fotografieren.
|
 |
Und hier die Spezialabfüllung der Spezialeinheit. Den Wein überließ ich später schweren Herzens den Platzbetreibern. Seufz ...
|
|
|
Tag 4 -
04.09.2015: St. Maurice - Martigny
|
Es war kühl, als ich am nächsten Morgen aufbrach. Die Bahnstation von
Evionnaz war mein Ziel, denn von dort wollte ich mit der Bahn nach
Martigny fahren, ein Füße-Ruhetag sozusagen. Zunächst ging es Schritt
auf Schritt an der Hauptstraße entlang, was ich als einigermaßen öde
empfand. Ich ahnte da noch nicht, dass ich auch in dieser Beziehung noch ganz
andere Erfahrungen machen würde.
In Evionnaz lernte ich dann die Segnungen eines wohldurchdachten
Programmes für Fahrkartenautomaten kennen. Selbst mir als Fremden und
kaum der französischen Sprache mächtig gelang es ohne Probleme in
kürzester Zeit eine Fahrkarte zu kaufen. Wenn ich da an unsere
deutschen Fahrkartenautomaten denke. Deutsche Bummelbahn, hier kannst
du lernen wie man es richtig macht!
In Martigny angekommen machte ich mich langsam auf den Weg zum "TCS
Camping Martigny". Bei einem Park hielt ich an. Zunächst setzte ich
mich auf eine Bank, dann legte ich mich in die Sonne auf den Rasen. Ich
schlief sofort ein und lag dort wohl so zwei Stunden. Die Nacht zuvor
war keine wirklich gute. Der auf öffentlichen Rasen pennende Backpacker muss
wohl für manchen wackeren Schweizer eine Art Kulturschock gewesen sein.
Die Schweiz ist superordentlich und auf meinem Weg bis hierher bin ich
an keiner Schmuddelecke vorbeigekommen. Fast schon steril. Ich hatte
manchmal den Eindruck, dass hier selbst die Kühe alle zwei Wochen zum
Friseur geschickt werden.
Beim "TCS Camping Martigny" angekommen das übliche Prozedere: Anmelden, Zelt
aufbauen, sich waschen, Klamotten waschen, Essen kochen, Essen,
Ausruhen und Tagebuch schreiben, Schlafen. In Italien fielen später
Zelt und Essen kochen weg, der Rest war eigentlich jeden Abend gleich.
Was mir wirklich auf den Geist ging war die tägliche Handwäsche der
getragenen Klamotten. Ich wußte, dass es notwendig war, aber ich hasste
es aus tiefstem Herzen. Ich wusch im Laufe der Reise mit allem, was ich vorfand: mein
Shampoo, Handseife, Flüssigseife, Waschpulver, Spülmittel und einmal
sogar Küchenreiniger. Es funktionierte alles und meine Merinoshirts von
Decathlon tun es heute noch.
Aber es ging nicht nur mir so. Als unsere kleine Gemeinschaft, die sich
zu diesem Zeitpunkt herausgebildet hatte, sehr viel später im Ostello
in Medesano eine Waschmaschine zur Benutzung entdeckte brachen alle
Dämme. Alles, was nur irgendwie müffelte oder schlicht stank wurde
hineingestopft und gewaschen. Am nächsten Tag schnüffelte jeder mehr
oder weniger verzückt an seinen frühlingsfrisch duftenden Socken oder
so.
|
 |
Es führt ein Weg nach irgendwo ... die öden Kilometer vom Campingplatz nach Evionnaz.
|
 |
Schild der Verheißung. Nur noch 55 Kilometer bis zum Grand St. Bernard - und reichlich Höhenmeter.
|
|
|
Tag 5 -
05.09.2015: Martigny - Hospiz Grand San Bernard
|
Das sah nicht gut aus. Die morgentliche Inspektion der Füsse ergab zwei
blutige Wunden, die bis aufs rote Fleisch gingen. Ich versorgte die
Füsse und machte mich mit zusammengebissenen Zähnen
auf den Weg.
Bis Sembrancher sollte es heute gehen, eine relativ kurze Etappe. Ich
hatte mich entschlossen, die weniger strapaziöse Route durch das Tal zu
nehmen. Der Campingplatz liegt fast am Wege und bald war ich wieder auf
der Via Francigena.
Vorher ging es noch vorbei am Barry-Land, einer Art Museum für
Bernhadiner-Hunde (wenn man im Hospiz auf dem Grand St. Bernard
übernachtet, ist der Besuch des dortigen Originalmuseums kostenfrei und
die Originalhunde gibt es dort auch live!) und dem römischen Amphitheater.
Das schaute ich mir natürlich an. Es war noch recht gut erhalten. Wie
mag es hier wohl gewesen sein, als Martigny noch eine römische Stadt
war? Ich verliere mich leicht in solchen Träumereien.
Schließlich war ich auf dem Wanderweg. Er führte im stetigen auf und ab
immer durch den Wald am Ufer der Dranse entlang, war
abwechselungsreich und schön zu gehen.
Bei Bovernier überquerte der Weg den Fluss und führte steil zur Straße
hinauf. Als ich etwas außer Atem oben ankam erlebte ich, was ich mein
zweites schweizer Wunder nenne. Oben stand ein Pickup mit laufendem
Motor, der Fahrer ein junger Mann. Als ich vorbei ging sprach er mich
an, wie es Michele getan hatte. Als ich ihm sagte, dass ich nach
Sembrancher wolle, bot er an, mich mitzunehmen. Ich muss ehrlich sagen,
dass ich nicht lange nachdachte und so saß ich dann in seinem Auto. Wir kamen ins Gespräch. Er war mal Profi-Snowboarder und
in der ganzen Welt herumgekommen. Dann hatte er sich in eine Frau aus
der Gegend verliebt und war dort seßhaft gworden. Jetzt hatte
er einen kleinen Sohn und seine Profi-Karriere an den Nagel gehängt. Zu
gefährlich und er hätte ja nun Verantwortung für seine Familie. Etwas
wehmütig klang das schon. Er heiße übrigens Max. Spontan entfuhr es
mir: "Ah, Mad Max!" Es war mir peinlich, aber er lachte. So hätten ihn
seine Freunde auf der Tour auch immer genannt. Als er erfuhr, dass ich
zum Grand St. Bernard wollte, bot er mir an, mich bis Orsières
mitzunehmen. Er wohne dort und dies sei auch sein Ziel. Wieder überlegte ich
nur kurz und nahm unter dem nicht enden wollenden und dankbaren Applaus
meiner geschundenen Füsse an.
In Orsières setzte er mich am Bahnhof (zgl. auch Busbahnhof) ab. Ich
war ihm mehr als nur dankbar. Eigentlich wollte ich von hier nur bis
Bourg-St.-Pierre fahren und dann am nächsten Tag zum Pass aufsteigen. Auf dem Fahrplan sah ich jedoch, dass der Bus
bis zum Hospiz hinauf fuhr und so war der Entschluss schnell gefasst.
Ich wollte hinauf fahren und dort einen Ruhetag machen. Dies würde
vielleicht dem Heilungsprozess ein wenig förderlich sein.
Und so rollte ich dann um 13.55 Uhr (das war der letzte Bus hinauf) gen
Pass und kam dort 14.48 Uhr an. Diese Busfahrt die Passtraße hinauf war
schon spektakulär. Ich konnte fast den ganzen Weg sehen, den ich so
gern hinauf gegangen wäre. Das bedauerte ich schon sehr. Hinter
Bourg-St.-Pierre kamen wir in die Wolken und der Fahrer hupte bei jeder
Kehre.
Oben angekommen war es grau und kalt, nur etwas über 0° Celsius. Nach
kurzer Orientierung folgte ich einem unscheinbaren Schild zum "Hospice du Grand St Bernard"
(wenn man zur
"Auberge" geht landet man im deutlich teureren Hotel) und stand kurz
darauf vor einer alten, schweren Holztür. Irgendwie war ich mir
nicht sicher, richtig zu sein, doch dann ging ich hinein. Ich stand im
nächsten Moment in Wärme und Licht, ging weiter durch eine Glastür und
im Gang dort
saß auf einem Stuhl eine Frau. Ich wollte fragen, ob ich denn hier
richtig wäre, doch da war sie schon aufgesprungen und begrüßte mich
ganz und gar herzlich und wortreich. Sie hieß Christa und ich fühlte
mich sofort gut in diesem modern scheinenden und doch so alten Gemäuer.
Zunächst
einmal Rucksack abstellen - Widerstand war vollkommen zwecklos! - und
dann in den Speise- und Empfangsraum.
Dort residierte Fredéric (eine Institution, wie ich später erfuhr) und der
verordnete mir erst einmal Ankommen. Das hieß hinsetzen und von
ihm schwungvoll eine große Schale heißen Tees eingeschenkt bekommen.
Die fehlende Reservierung war kein Problem und zwei Nächte bleiben auch
nicht. Ich konnte erst einmal ausruhen.
Beim leckeren Abendessen lernte ich dann die ersten anderen
Pilger kennen. Da waren Marijke und Geri, ein Ehepaar aus Holland,
das bis Parma gehen wollte; Wiebe und Gerben, zwei ältere Herren aus
Holland, auf dem Weg nach Rom und Lena aus Schweden, die auch nach Rom
wollte und die ersten Tage von ihrer Tochter begleitet wurde. Mit den
Holländern kam ich schnell ins Gespräch und so verbrachten wir das
Abendessen in angeregter Plauderei über unsere Pilgerwanderung, unsere
Wünsche, Erwartungen, Hoffnungen die wir daran knüpften. Ich mochte sie alle
gleich.
Eigenartigerweise pilgerte keiner von uns aus religiösen Motiven. Alle
hatten wir eher persönliche Gründe, über die wir (noch) nicht sprachen.
Zu diesem
Zeitpunkt ahnte keiner von uns, dass wir zu einer kleinen
Gemeinschaft von Gefährten werden sollten, die sich auf der Via
Francigena
immer wieder verlor und zusammenfand. Selbst die eher
zurückhaltende Lena traf ich gegen Ende der Reise wieder.
Wir hatten beim Abendessen beschlossen, die heilige Messe zu besuchen,
die an diesem Abend gelesen wurde. In der schöne Kirche setzten wir uns
ganz hinten hin, doch damit war der Priester mit nicht einverstanden. Als
wir ihm erklärten, dass wir keine Katholiken seien und auch auf keinen Fall stören wollten schaute er uns
verwundert an. "Ihr seid Menschen und in den Augen Gottes genügt das!"
Er wies uns schöne Plätze im alten Bereich der Kirche zu, dort, wo früher die
Mönche saßen und wir waren sprachlos.
Die Messe war feierlich und eine Diakonin, sie hieß Anna Maria, sang
wunderschön. Ich würde jedem Besucher des Hospizes, unabhängig von einer
religiösen Ausrichtung, empfehlen, an der Messe teilzunehmen. Es tut
wirklich gut - war anschließend unser aller Urteil. Diese Nacht schlief ich tief und fest.
|
 |
Nicht gut, ...
|
 |
...
gar nicht gut! Sieht zwar nicht gewaltig aus, hat aber ein solides
Schmerzpotential. Meine Sorge galt einer möglichen Infektion. Sie hätte
das sichere Aus meiner Pilgerreise bedeutet.
|
 |
Barry-Land in Martigny. Für Pilger, die zum Pass hinauf laufen und dort im Hospiz übernachten nicht ...
|
 |
... unbedingt ein Muss, denn dort oben gibt es das Original!
|
 |
Lohnenswert ist jedoch die Arena und sie liegt direkt am Weg, wenn man vom Zeltplatz kommt.
|
 |
Sie ist recht gut erhalten und wird ...
|
|
... auch heute noch genutzt.
|
|
Der Pass ist frei. Auch im Sommer nicht selbstverständlich
|
 |
Ankunft
auf dem Pass des Großen St. Bernard. Rechts gehts zur "Auberge", links
zum "Hospice". Als ich am Tag zuvor ankam war es düster und
wolkenverhangen und mir fiel dieser Hinweis gar nicht auf.
|
 |
Hier gehts hinein ins Hospiz.
|
 |
Durch diese Tür ...
|
 |
... und durch diese ...
|
 |
...
und hier wurde ich von Christa, einer
"Volunteer", herzlich begrüßt. Für den Neuankömmling heißt es erst einmal Rucksack
absetzen.
|
|
Christa
nahm mich richtiggehend unter ihre Fittiche und sorgte sich mich ganz
liebenswert um mich. Ich habe ihr einiges zu verdanken.
Christa, wenn Du dies hier liest, nochmals Danke!!! Hättest Du mir
nicht bei meinem Fußproblem geholfen, ob ich wohl bis Rom gekommen wäre?
|
 |
Dann
ging es zur Anmeldung zu Bruder Fredéric. Er war Diakon und Chef dieses
Bereichs. Viele Pilger haben ihn schon kennen und schätzen gelernt und
er war so etwas wie eine Institution. Bei ihm gab es zunächst einmal
eine schwungvoll eingeschenkte Schale heißen, köstlichen Tees mit Keksen
und ...
|
 |
... seine spezielle Signatur des Pilgerstempels.
|
 |
Erst dann, konnte ich meinen Schlafraum aufsuchen. Der war rustikal und holzgemütlich gestaltet.
|
 |
Ich hatte Glück. Unter der Dachschräge stand ein Einzelbett. Mein kleines Reich für die nächsten zwei Nächte.
|
 |
Drinnen war es gemütlich, draußen kalt. Um den Gefrierpunkt Anfang September. Ich war halt auf rund 2600 m Höhe.
|
 |
Abendessen.
Das ich hier mit Menschen zusammensaß, die mich sogar bis Rom begleiten
würden, ahnte ich diesen Abend nicht. Sie auch nicht!
|
|
|
Tag 6 -
06.09.2015: Ruhetag Hospiz Grand San Bernard
|
Was für ein Tag! Ich wurde von einem fast schon überirdisch schönen
Chorgesang einiger Frauen geweckt, der richtiggehend durch Haus schwebte. Es war so schön, so zart, dass ich eine
ganze Weile im Bett liegen blieb und diesen himmlischen Stimmen
lauschte. Beim Frühstück berichteten alle, dass es ihnen ähnlich
gegangen wäre. Man hätte denken können, wir wären schon einige Etagen
höher. Was wunderschöne Stimmen und eine erstklassige
Lautsprecheranlage alles bewirken können!
Nach dem Frühstück hieß es Abschied nehmen von den Bekanntschaften des
letzten Abends. Wir alle dachten, dass wir uns kaum wiedersehen würden -
und wir alle täuschten uns. Dann war ich allein.
Christa erkundigte sich wegen meiner Humpelei nach dem Zustand meiner
Füsse und verfrachtete mich dann kurzerhand ins Sanitätszimmer. Dort
schaute sich Schwester Anne Marie, die Sängerin in der Messe des
Vorabends, mit gerunzelter Stirn meine Füsse an
und versorgte sie schweigend und gründlich. Mit blütenweißen Verbänden an den Füssen startete ich in den Tag.
Was für ein Wetter. Das Thermometer zeigte nur knapp über null Grad
aber es war sonnig und die Luft von atemberaubender Klarheit. Die
Fernsicht war phantastisch. In Kilometern Entfernung waren Details noch
scharf zu erkennen.
Ich humpelte ein wenig um das Hospiz herum und besucht dann das Museum
im Gebäude der Auberge. Es war klein aber fein und bezog sich ganz und gar
auf den Pass und seine Geschichte. Schon vor den Römern wurde er
genutzt und diese hatten hier sogar eine kleine Tempelanlage errichtet und einen Fahrweg gebaut.
Das Museum zeigte die Mühsal und die Gefahr von Passüberquerungen in
früheren Zeiten aber auch, wie die Einrichtung des Hospizes diese ein
wenig linderte.
Ein Spezialbereich ist der Bernhadinerzucht und der Geschichte dieser
imposante Tiere gewidmet. Wer nach dem mühsamen Aufstieg noch Energie
hat, der sollte sich dieses Museum auf keinen Fall entgehen lassen.
Ich verbrachte insgesamt einen geruhsamen Tag, plauderte noch ein wenig
mit Christa und ihrem Mann. Zuversichtlich dachte ich an die vor mir
liegenden Tage.
Am Abend hatte ich wieder Verbandstermin. Diesmal bei Cristina. Sie war
gelernte Krankenschwester und arbeitete in der Auberge. Ihr
Gesichtsausdruck war bedenklich und sie arbeitete lange an den Füssen.
Dabei ließ ich einiges an Haut zurück. Sie riet mir, einen Arzt
aufzusuchen und ich brummte nur ausweichend vage dazu. Schließlich
waren beide Füße neu verbunden. Ich war ihr sehr, sehr dankbar.
Humpelnd zog ich mich dann zum Schlafen zurück.
|
 |
Von Christa herbeigerufen verarztete mich Schwester Anne Marie. Sie hatte
in der Messe am Abend zuvor wunderschön gesungen. Hier schwieg sie und verbrauchte
dabei eine Menge antiseptischer Auflagen, Pflaster und Verbandszeug.
Schwester Anne Marie, Ihnen hier noch einmal ein großes Dankeschön. |
 |
Abschied von Marijke und Geri, mit denen ich mich gleich gut verstand. Wir würden uns wohl nicht wiedersehen - dachten wir ...
|
 |
Das Wetter war großartig mit toller Sicht. Hier der Blick zur italienischen Seite.
|
 |
Direkt am Haus beginnt ...
|
 |
... die großartige Berglandschaft.
|
|
Wo die Römer waren darf ein Napoleon natürlich nicht fehlen.
|
 |
Diese Hunde sind schon beeindruckend und scheinbar bringt sie nichts aus der Ruhe.
|
 |
Bernhardiner-Rettungsequipment aus vergangener Zeit. Angeblich soll in dem Fäßchen kein Branntwein gewesen sein.
|
 |
Der
Pass, wie er in römischer Zeit ausgesehen haben mag. Der kleine Tempel
hinten war dem Jupiter geweiht und der Berg trug daher seinen Namen.
Und das noch lange nach den Römern. Noch im Mittelalter hieß er
Mont-Joux. Bis zur Zeit von Kaiser Claudius gab es nur einen Saumweg,
danach sogar einen richtigen Fahrweg. Man kann, glaube ich, noch heute Spuren davon sehen.
|
 |
Ein römischer Meilenstein vom Pass.
|
 |
Fundstück aus dem Bereich der römischen Bebauung.
|
|
Dienstbare Geister in der Küche.
|
 |
Cristina
war eine ausgebildete Krankenschwester und sie setzte am Abend das
gute Werk von Schwester Anne Marie fort. Ob sie die Hautfetzen
abschneiden dürfe fragte sie und legte dann professionell los.
|
 |
Ja,
ja, so was kommt, wenn man nicht die richtigen Socken und Schuhe trägt. Cristina
jedenfalls hatte ernsthafte Zweifel, dass ich meine Wanderung
fortsetzen könnte.
Cristina, auch Dir hier noch einmal ein gaaanz großes Dankeschön. Du hast
sicherlich wesentlich dazu beigetragen, dass ich die Reise in Rom
beenden konnte.
|
|