Auch ich war mal weg ...
|
Auf der Via Francigena von Lausanne nach Rom
|
Die
letzten Tage meiner langen Reise brachen an und ich wurde mir dessen
mit zwiespältigen Gefühlen zunehmend bewußt. Einerseits war da die
Freude, mit großer Wahrscheinlichkeit das Ziel zu erreichen,
andererseits tröpfelte zunehmend Wehmut in dieses schöne Gefühl hinein.
Wehmut darüber, dass diese einfachen und unkomplizierten Tage bald
vorbei sein würden und dass bald der unvermeidliche Abschied von
meinen Freunden und Weggenossen kommen musste. Ich gebe zu, dass diese
Gedanken mich hin und wieder leicht melancholisch werden ließen.
Diese Wanderung hatte auch mich ein Stück weit neu geprägt. Das spürte
ich immer mehr. Ich, der immer gern alles so gut es geht vorher plant,
hatte gelernt, dass dies nicht immer so funktioniert und zunehmend
darauf gesetzt, dass letztlich alles gut wird, immer etwas geht, ich
immer jemanden finde, der mir hilft. Und tatsächlich, nie ging etwas
wirklich schief und ich spürte, wie schön dieses Gefühl einer
vertrauensvollen Zuversicht sein konnte.
Auch meine Einstellung zur Wanderung an sich unterlag einem Wandel.
Schaute ich Anfangs noch auf Kilometer und Zeiten so interessierte mich
das jetzt kaum noch. Ich schaute mir den Weg auf der Karte an und es
war egal ob 15 oder 35 Kilometer, ich ging einfach in der Gewissheit
los, schon irgendwann zur richtigen Zeit anzukommen.
Noch einmal bot die Toscana Städte wie Viterbo oder Sutri
auf. Jede hatte so ihre eigenen Großartigkeiten. Ich lief
kilometerweit auf alten Römerstraßen, uralten Etruskerstraßen, durch
endlose Olivenhaine und Haselnussplantagen. Der Übergang nach Latium
erfolgte unmerklich. Deutlicher fiel jedoch die zunehmende
Besiedlungsdichte auf, je näher ich der Stadt meiner Träume kam.
Die letzte Tagesetappe war schließlich wie ein Sturz ins kalte Wasser. Sie
führte fast ausschließlich entlang viel befahrener Straßen durch die
Vorstädte ins Zentrum Roms. Ich ging sie nur aus einem einzigen Grund: Ich
wollte den Pilgerbrief und ich wollte ihn
zu Recht erhalten. Also kam nur der Weg zu Fuß in Frage! Aber dieser
Weg war bis auf die letzten paar Kilometer in keiner Weise lohnend.
Allen, die dies nicht wollen rate ich, die S-Bahn bis in die Nähe des
Monte Mario zu nehmen. Diesen sollte man sich dann aber keinesfalls entgehen
lassen. Der Blick von dort auf die Stadt ist grandios und bietet einen
Vorgeschmack auf diesen unvergesslichen Moment, wenn der große Platz
des Petersdoms nur ein paar Kilometer weiter endlich erreicht ist.
Dieses Gefühl des Glücks, der Freude und der Erleichterung ist schwer zu
beschreiben und ich glaube, dass es nur der wirklich empfinden kann,
der den langen Weg bis an diesen Ort mit eigener Kraft bewältigte.
|
Tag 45, 15.10.2015: Montefiascone - Viterbo
|
Montefiascone
war wieder so ein Schätzchen und so hatte ich beschlossen, mich am Morgen
noch etwas umzuschauen. Nach dem üblichen Frühstück in einer Bar zog
ich also langsam immer höher die Altstadt hinauf. Ziel war der "Torre
del Pellegrino" auf der höchsten Erhebung der Stadt. Es war frisch so
in der Frühe und nach weiten Blicken hinein ins Land und die Stadt
zottelte ich schließlich gemächlich hinunter ins tiefe Land unterhalb der Stadt und
verschwand bald in buschgesäumten Wegen.
Irgendwann kam ich dann zu einer Römerstraße und marschierte auf ihr
etliche Kilometer, so wie 2.000 Jahre vor mir Legionäre, Kaufleute,
Sklaven und Bauern. Was für ein Gefühl! Mein Kopfkino
lief auf Hochtouren.
In Viterbo fand ich Unterkunft in der Via San Giovanni Collade 1, einer
Pilgerherberge in einem alten Turm der riesigen Stadtmauer.
|
 |
Früh am Morgen wanderte ich recht beschaulich durch die noch stille Altstadt zum höchsten Punkt der Stadt hinauf.
|
|
Es war frühherbstlich kühl und ...
|
 |
... die ersten Blätter fielen bereits.
|
 |
Ganz
oben befand sich der "Torre del Pellegrino" und den sollte man bei
einigermaßen Sicht keinesfalls auslassen. Der Blick auf den Lago
Bolsena und ...
|
 |
... das Umland ist einfach phantastisch!
|
 |
Ganz in der Ferne kann man bei besserer Sicht sogar das Mittelmeer sehen.
|
 |
Auch der Blick auf die Stadt, ...
|
 |
... die alten Anlagen des Berges und ...
|
 |
... die Ausgrabungen dort ...
|
 |
... lohnt wirklich.
|
 |
Den neuzeitlichen Pilgern wurde dort sogar ein Denkmal gesetzt.
|
 |
Nach dem Abstieg aus der Stadt ging es auf zuweilen versteckten Wegen weiter durchs Land.
|
 |
Und irgendwann kam mir der Weg dann doch etwas eigenartig vor. War dies hier vielleicht eine Römerstraße?
|
 |
Tatsächlich! Ich war auf der Via Cassia Antica! Sie wurde besser ...
|
 |
... und besser und hatte schließlich ...
|
 |
...
einen derart guten Zustand, dass sie noch heute als ganz normale Straße
genutzt wurde. So zog sie sich über etliche Kilometer hin. Ich schloss
manchmal die Augen und bildete mir ein, 2.000 Jahre früher auf dieser
Straße zu wandern. Nach der Enttäuschung des Vortags hatte ich gar
nicht groß die Karte für diese Tagesetappe angeschaut und wurde
wirklich vollkommen überrascht. Was für ein Glücksgefühl!
|
 |
Doch dann
bog der Weg von dieser uralten Straße ab und ich befand mich nach nur
wenigen Metern wieder in der Neuzeit. So schlecht haben es die Römer
dann doch nicht gemacht.
|
 |
Irgendwann
konnte ich aus weiter Ferne noch einmal einen Blick auf Montefiascone
werfen. Schließlich verschwand es aus meinem Blickfeld.
|
 |
Es pfiff nicht schlecht an diesem Tag und ich musste meinen Hut fest auf den Kopf ziehen.
|
|
Nach einigen Stunden Weg durch Felder und Wiesen tauchte irgendwo im Nirgendwo eine eigenartige Wohnwagenanhäufung auf.
|
|
Ich
hatte die heißen Quellen des "Sorgente termale del Bagnaccio" erreicht. Natürlich hatten auch die
Römer hier schon eine Badeanlage betrieben, vielleicht sogar die
Etrusker. Auch heute war dieser Platz äußerst beliebt. Ich verzichtete
allerdings auf ein Bad und machte kurz Pause im etwas schwefeligen Odeur. Dabei kam ich mit Karin und Henning aus Bornholm ins
Gespräch. Sie pilgerten zum zweiten Mal auf der
Francigena, bereuten es jedoch ein wenig. Die wundervollen
Eindrücke und Erlebnisse ihrer ersten Tour ließen sich einfach nicht
wiederholen - so, wie sie es erhofft hatten. Nach und nach trudelten
dann natürlich wieder die anderen altbekannten Weggefährten ein.
|
|
Die Holländer gingen als erste, ich folgte ihnen bald darauf ...
|
|
... und
irgendwann stand ich in der Via San Giovanni Collada vor diesem
stilvollen Eingang. Hier gings zu meiner Pilgerherberge in Viterbo.
|
 |
Diese war in einem alten Wehrturm der Stadtmauer von Viterbo untergebracht.
|
 |
So
richtig vertrauenserweckend sah das von außen - wie so manches mal in
Italien - erst mal nicht aus, aber innen fehlte es wieder an nichts. Einfach, sauber
und liebvoll betreut von einem freundlichen Völkchen Volunteers. In diesem
rustikalen Gemäuer fühlten wir uns alle sehr schnell wohl.
|
|
Der Blick vom Schlafraum auf die Stadtmauer.
|
 |
Einfach und zweckmäßig - und vor allem mit reichlich Steckdosen! :-)
|
 |
Einige der Menschen, die sich um diesen freundlichen Ort kümmerten. Danke!!!
|
 |
Abends
trafen wir uns zum Essen im Altstadtzentrum. Auf der Piazza vor dem Dom
war ein großer Menschenauflauf und wir fragten neugierig, worum es denn
ginge. Es war der Auftakt zu einer abendlichen Prozession zu irgend
einem geweihten Ort. Und so trafen sich Kleriker, Mönche, Nonnen,
normale Gläubige, Jung und alt an diesem Ort. Die nach wie vor große
Bedeutung des Katholizismus in Italien spürt man hautnah bei solchen
Ereignissen. Und Gerben plauderte, charmant wie immer, mit den Damen
des Glaubens.
|
|
Die Mönche beäugten uns zum Teil etwas misstrauisch, hatten aber gegen Fotos keine Einwände.
|
|
Hier einmal beispielhaft das karge Pilgermenu, dass ich in Viterbo hatte: Vorspeise, ...
|
|
... als Primo Risotto und ...
|
|
... als Secondo gebratenen Fisch. Alles richtig lecker und durchaus preiswert. Ich glaube, "Dolce" gab es auch noch.
|
|
|
Tag 46, 16.10.2015: Viterbo - Vetralla
|
So
langsam kam ich auf die Zielgerade und die Etappen flogen, wie es schien, nur so
vorbei. Kurz hinter Viterbo lief ich auf der ersten Etruskerstraße
meiner Reise, zumindest der ersten, die ich erkannte. Es war schon
beeindruckend einen Weg zu gehen, der seit mindestens 3.000 Jahren
von Menschen genutzt wird.
Aus diesen Etruskerschluchten heraus gings wieder übers Land. Der unproblematische Weg führte mich durch
Kohlfelder bis zum Horizont und später durch weitläufige Olivenhaine. Ich lernte ein wenig über die Olivenernte
und wie man kläffende Köter vertreibt.
Vetralla erreichte ich früh am Tag und so vertrieb ich mir ein
wenig die Zeit in einer Bar. Nach und nach tauchten auch wieder meine
Freunde auf. Aurélie und ich übernachteten in der "Paroccia S. Andrea e S. Francesco" und hatten einen durchaus
interessanten Aufenthalt dort. Vetralla selbst reizte weder Aurélie
noch mich sonderlich zum Sight-Seeing.
|
|
Morgentlicher
Himmel über Viterbo. Irgendwo hier frühstückte ich mit Aurélie in einer
Bar. Zuvor hatte ich noch einen Figaro aufgesucht, um Bart und Haare
auf ein erträgliches Maß stutzen zu lassen.
|
 |
Schon
kurz nachdem ich die Stadt verlassen hatte, kam ich zu dieser Schlucht.
Es war eine eine alte Etruskerstraße, tief eingegraben in den weichen
Tuff. Warum die Etrusker diese Straßen derart anlegten ist nicht
abschließend geklärt. Vielleicht wollten sie sich auf diese Art
außerhalb des Sichtbereichs möglicher Feinde bewegen können.
|
|
Die Straßen sind teilweise wirklich seeeehr tief eingeschnitten.
|
 |
Irgendwann
war ich wieder auf der Erdoberfläche und sah vor mir - Kohl! Kohl bis
zum Horizont. Fast hatte ich das Gefühl, zuhause in Schleswig-Holstein
zu sein.
|
 |
Aber
dann hatte mich bella Italia wieder. Die Olivenernte hatte begonnen.
Die Dinger wurden mit einer rotierenden Bürste von den Bäumen auf
untergelegte Netze gefegt und dann eingesammelt.
|
 |
In
Vetralla angekommen gings erst einmal ins WLAN, in Italien WiFi
genannt. WhatsApp und E-Mails aus der Heimat wurden gecheckt. Wir
schauten immer, ob in den Bars oder Trattorias WiFi vorhanden war und
ob wir es nutzen durften. Wir fragten höflich das Personal und meist
bekamen wir mit diesem so typisch italienisch-lässigen Lächeln den
Zugangscode.
|
 |
Wir
waren recht frühzeitig angekommen, zu früh für die Pilgerherberge. Also
gönnten wir uns ein Ankommbier und plauschten noch ein wenig. Man
beachte meinen wieder äußerst korrekten Haarschnitt!
|
 |
Der Eingang zur Herberge. Hier gab es eine Kirche, einen Kindergarten und eine Sozialstation.
|
 |
Aurélie
und ich folgten der Einladung und aßen in der Sozialeinrichtung. Den
Betreuer freute es. Das Essen war einfach aber gut und wir lernten
interessante Menschen kennen. Das Schicksal hatte es teilweise nicht
gut mit
ihnen gemeint doch sie trugen es mit Würde. Merkwürdig war nur der
Pfarrer, er sprach während des ganzen Essens wirklich kein
einziges Wort mit uns. Das Zimmer war sauber aber
sehr spartanisch.
|
 |
Die
Hauptstraße von Vetralla. Der Ort schien mir nicht sonderlich attraktiv
aber vielleicht war ich von den vielen schönen Städten, die ich
ich schon durchwanderte, etwas verwöhnt.
|
|
|
Tag 47, 17.10.2015: Vetralla - Sutri
|
Sutri versprach deutlich mehr als Vetralla und so war es dann
auch. Doch zunächst hieß es wieder eifrig tippeln.
Zur Abwechselung
gings zunächst einmal durch endlose Haselnussplantagen. Bei einer so
langen Wanderung durchs Land bekommt man einen Eindruck davon,
wie sehr Italien auch immer noch ein Agrarland ist.
Eine Bar an der Hauptstraße von Capranica wurde mal wieder zum Sammelpunkt
der auf dem Weg Versprengten. Lena aus Schweden und Hanni aus Holland gesellten sich wieder einmal zu
uns. Auf diesem Weg scheint wirklich niemand verloren zu gehen. Sutri
selbst erschien mir nach Vetralla wie ein Fest für die Sinne. Eine
ehemalige
Etruskerstadt, wie ich sie mir vorstellte. Ich hatte vor, im "Monache
di Carmelitane di Clausura" zu übernachten, war aber zu früh dort. So
machte ich mich auf einer
Bank in der Nähe lang. Aus süßem Schlummer weckte mich dann behutsam
und mit zarter Hand - Aurélie! Bei
den Karmeliterinnen führte sie die Verhandlungen. Durch das Gitter
fragte die Nonne, ob wir
denn verheiratet wären. Aurélies entschiedenem "Non, non" folgte ein
kurzes
Nachdenken. Dann bekamen wir konsequent ein gemeinsames Zimmer zugewiesen und
Aurélie den
Mund nicht mehr zu. Ihre Einwände verhallten unbeachtet. Klappe zu, das wars. Ich wollte mich ausschütten vor Lachen,
doch Aurélies kriegerischer Gesichtsausdruck
ließ mich bescheiden stumm bleiben. Manchmal weiß ich, wann es besser
ist ein kleiner Feigling zu sein und einfach die Klappe zu halten. Zum Glück standen im Zimmer
wenigstens Einzelbetten. So vertrugen wir uns gut wie immer, auch
wenn sie an dem Tag wohl gern ein wenig Privatsphäre gehabt hätte.
Das Zimmer war prima, mit eigenem Bad ausgestattet und es gab noch mehr solcher Räume.
Alle waren frei. Doch später in der Stadt erzählte uns Hanni, sie und Lena wären mit der Begründung abgewiesen worden, das alles
belegt sei. Merkwürdig.
Nachdem wir uns eingerichtet hatten machten wir einen ausgedehnten
und lohnenden Rundgang durch die Stadt und dann hinunter zu den
Etruskergräbern sowie
die zur in den Tuff geschlagene Arena. Gern hätten wir mehr Zeit gehabt aber
es dämmerte und wir stiegen zum Abendessen wieder zur Stadt hinauf.
|
 |
Willkommen im Land, wo das Nutella auf den Bäumen wächst. Haselnüsse überall.
|
|
Aurélie - irgendwann tauchte sie zu meiner Freude immer auf.
|
 |
Am Wegesrand ein Baum mit den Früchten, die mir am Abend so gut schmeckten. Was mag das nur sein?
|
|
Auf dem Weg nach Capranica? - So genau weiß ichs nicht mehr
|
 |
Schön, aber doch nur ...
|
 |
... ein pittoreske Durchgangangsstation auf dem Weg nach Sutri.
|
 |
Sutri, die alte Etruskerstadt hoch auf dem Berg.
|
 |
Beim Aufstieg von der SS2 herauf hatte ich den Eindruck, ...
|
 |
... eine Burg zu betreten
|
 |
Der Eingang zum Karmeliterinnen-Kloster.
|
 |
Aurélie
bereit zum Verhandeln. Da die meisten Geistlichen und Ordensangehörigen
in Italien recht gut Französisch sprechen, kümmerte sich meine
Lieblings-Französin um unser Nachtquartier. Hier gabs zur Begrüßung
sogar ein Glas Fruchtsaft.
|
 |
Sutri ist ...
|
 |
... wirklich eine etwas ...
|
 |
... ausgedehntere Besichtigung wert.
|
 |
Eigenartige Mosaiken im Dom.
|
 |
Hier wird durchaus wahrgenommen, dass zunehmend Pilger auf der Via Francigena nach Rom unterwegs sind.
|
 |
Unterhalb der Stadt die alte Arena aus Etruskerzeiten. Sie wurde komplett aus dem Tuff heraus gehauen.
|
 |
Ein Plan dieses bemerkenswerten Bauwerks.
|
 |
Auch hier griff die Bambusseuche offenkundig immer mehr um sich.
|
 |
In den Tuff hineingemeißelt, ...
|
 |
... Gräber der Etrusker.
|
 |
Es fing an zu dämmern, und so machten wir uns an den Aufstieg zur Stadt.
|
 |
Noch durch dieses Etruskische Tor und kurze Zeit später genossen wir in einem netten Lokal unser Pilgermenu. Diesmal für 15 €.
|
|
|
Tag 48, 18.10.2015: Sutri - Campagnano di Roma
|
Auf
dem Weg von Sutri nach Campagnano di Roma spürte ich zunehmend, dass
ich mich dem Ballungsraum Rom näherte. Das fing bereits am Ortsausgang
an, wo der Verkehr auf der SS2 nur so rauschte und der Weg entlang
dieser Rennbahn führte. Als ich endlich Monterosi erreichte, war ich
nur froh, in diesem schönen Ort kurzzeitig dieser Geräuschhölle
entronnen zu sein.
Die Pilgerherberge in Monterosi soll nach übereinstimmender Auskunft
aller Mitpilger, die dort waren, sehr schön sein. Meine Etappenplanung
zog mich allerdings weiter nach Campagnano di Roma. Die Herberge dort
in der Parrocchia di S. Giovanni Battista hatte so einen gewissen Ruf,
Matratzenlager auf dem Boden und so.
Als ich dort ankam war alles verschlossen. Auch die Bar ganz in der
Nähe war geschlossen. Wieder einmal vetraute ich darauf, dass sich
schon alles irgendwie regeln würde und ließ mich erst einmal auf der
Terrasse vor der geschlossenen Bar nieder. Und tatsächlich, nach
einiger Zeit erschien der Priester. In meinem Schlafraum staunte ich
nicht schlecht: Alles neu renoviert mit tadellosem Bad und es gab sogar
Einmalbettwäsche!
Nach und nach tauchten dann Aurélie, Hanni, Lena, Henning und andere
auf und schließlich überraschte uns der Pfarrer noch: Er hatte mit dem
Bar-Besitzer telefoniert. Der geschäftstüchtige Mann hatte von unserer
Ankunft Wind bekommen und machte für uns Bar und Küche auf. Er
servierte uns ein erstklassiges Pilgermenu für 9 €! Es wurde ein
gelungener Abend.
|
 |
Start in Sutri.
|
|
Wenigstens
ein Parallelweg zur Rennbahn - dachte ich. Doch hinter dem Schild war
Schluss und ich ging wenigsten einen Kilometer direkt am Straßenrand.
Das war schon spannend!
|
 |
Ich bin halt im Süden.
|
 |
Meine Unterkunft in Campagnano di Roma, das "Centro Parrocchiale".
|
 |
Entgegen aller Informationen ...
|
 |
... erwies sie sich als sehr schön.
|
 |
In Aosta gekauft und nun rund 1.000 Kilometer später ...
|
|
|
Tag 49, 19.10.2015: Campagnano di Roma - La Storta
|
Die
vorletzte Tagesetappe nach La Storta di Roma führte dann doch noch
einmal durch eine recht schöne Gegend mit Wäldern, über einsame Landwirtschaftswege
und durch einem Naturpark. Und natürlich passierte ich auch den kleinen Fluss
mit seinen Stepstones. Diese Stelle ist in fast allen Führern und
Berichten abgebildet und war mit ihren glitschig-matschigen Ufern schon
etwas kitzelig aber nicht wirklich gefährlich. Hier wartete ich auf
Aurélie, denn ich wußte, dass sie hinter mir lief. Gemeinsam
wanderten wir dann weiter bis La Storta. Dort wollten wir bei den
"Suore delle Poverelle" übernachten.
In La Storta angekommen stellten wir fest, dass es sich bis zu unserer Herberge noch endlos zog.
|
 |
Aufbruch in Campagnano. Der Kaffee weckte unsere Lebensgeister.
|
 |
Tja, man sollte sich schon in Acht nehmen ...
|
 |
Nach den Erlebnissen des Vortages erwies sich die Tagesroute dann doch als überraschend Abwechselungsreich.
|
|
Die
bekannte Flussüberquerung im Naturpark. Etwas oberhalb gab es früher
eine Brücke, doch die lag schon seit Jahren in Trümmern. Es war kein
Hexenwerk über die Stepstones ans andere Ufer zu gelangen. Die Ufer
sind jedoch zuweilen sehr glitschig und ebenso die Trittsteine.
Vorsicht war also besser als Umziehen.
|
 |
Ich wartete hier auf Aurélie und tapp, tapp, tapp, erschien sie schon nach kurzer Zeit.
|
 |
Vorsichtiges herantasten ...
|
 |
... und dann einige umsichtige Schritte.
|
 |
Eh voila!
|
 |
Dieses
Gebäude fiel mir schon von weitem auf. Das war tatsächlich eine Station
der Polizei, genauer gesagt der Carabinieri. Wie mag wohl dass
Verhältnis zwischen ihnen und den Bürgern sein, wenn man in so einer
Festung hausen muss? Kameras, Signaldrähte, keine Fenster, außen keine
Türklinken, Stahltüren und Stahlblenden vor den Fenstern.
|
 |
In
La Storta kamen wir bei den "Suore della Poverelle" gut unter, aber es war etwas beengt. Dafür
waren die Schwestern überaus freundlich und zuvorkommend.
|
 |
Auch die Außenanlagen auf diesem weitläufigen Gelände waren recht hübsch.
|
 |
Für
allzuviele Pilger war allerdings kein Platz und die Zimmer waren recht
gut belegt denn die Unterkunftsmöglichkeiten in La Storta sind
überschaubar.
|
 |
Nur mühsam - und weil der verständlichere englische Part half - verstand ich dieser Worte Sinn.
|
|
|
Tag 50, 20.10.2015: La Storta - Roma
|
Über
die letzte Tagesetappe gibts nicht viel zu sagen. Sie hatte zwei
Höhepunkte: Die Ankunft auf dem Monte Mario und etwas später die auf dem
Petersplatz. Beides sehr bewegende Momente. Auf
dem Monte Mario sieht man nach langer und öder Latscherei durch die
Vorstädte ganz plötzlich, von einem Moment zum anderen, Roms Innenstadt
vor sich. Ich war das erste Mal in Rom und der erste Blick auf
diesen Ort war etwas ganz besonderes. Von dort ist es nur noch ein
kleines Stück zum Petersplatz. Die Ankunft auf dem Petersplatz war einfach unbeschreiblich. Ich stemmte meinen Rucksack in die Höhe
und schrie vor Freude. Trotz aller Widrigkeiten hatte ich es geschafft!
Mit Aurélie hatte ich mich auf dem Monte Mario getroffen und nun kamen
noch Gerben und Wiebe hinzu. Wir aßen für ein
fürstliches Geld ein letztes mal zusammen und waren fröhlich. Dann mussten die Holländer fort.
Aurélie und ich machten uns gedankenversunken auf den Weg zu unserer
Unterkunft. Aurélie musste am übernächsten Tag fort und ich war traurig, dass
unsere kleine Gemeinschaft nicht mehr war.
So erlebte ich das Ende
einer wundervollen und erstaunlichen Reise. Die Erinnerung daran will
ich bewahren aber ich werde nie wieder auf der Via Francigena wandern. Denn besser kann es nicht werden!
|
 |
Das berüchtigte Stück Cassia hinter La Storta. Man sollte keinen Augenblick mit der Aufmerksamkeit nachlassen!
|
 |
Irgendwann, nach vielen Kilometern, gehts in die erstaunliche Abgeschiedenheit des Monte Mario mitten in Rom.
|
 |
Hier wartet auf den müden Pilger oder sonstige Wanderer dieser Sessel und von dem hat man ...
|
 |
... diesen
Ausblick: ROM! Endlich! Man läuft eben noch durch den Wald des Berges
und auf einmal sieht man dieses Panorama vor sich. Phantastisch!
Auf der breiten Straße unten geht es dann direkt zum Petersplatz. Aurélie
und ich hatten uns hier verabredet. Gemeinsam machten wir uns dann über
den steilen Serpentinenabstieg auf den Weg zum Ziel.
|
 |
Wenns noch eines Beweises bedurft hätte ...
|
 |
Angekommen! Welt, lass dich umarmen!
|
 |
Ich war so voller Freude.
|
 |
Und mit mir freuten sich Gerben, Aurélie und Wiebe.
|
 |
Wir waren schon eine tolle Gemeinschaft.
|
 |
Abschiedsessen.
|
 |
Es war uns einiges wert! |
Es war vorbei! Aurélie und zogen anschließend noch weiter zum "Spedale della Providenza".
Am übernächsten Tag war auch sie fort. Ich blieb noch einen weiteren
Tag und sah mir Rom an, diese so unvergleichliche Stadt.
Meine große Reise war zu Ende!
|
|