Noch'n Alkohol-Brenner - der "Stove 7"
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Aus Not ziemlich abgekupfert ...
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Für leichtes Trekking nutze ich zum Kochen eine Ti
Tri Sidewinder-Cone mit Inferno-Einsatz von Trail Designs mit einem
900 ml Titantopf von Evernew. Ein tolles Teil! Man kann fast den
kompletten Kocher im Topf verpacken - fast, denn der mitgelieferte
original 12-10 Stove passt aufgrund seines fest montierten, relativ
großen Bodentellers nicht mit in den 900 ml Topf. Der Stove
muß in einer extra mitgelieferten Plastikdose verpackt werden.
Für mich nicht akzeptabel.
Da dieser Stove jedoch prima funktioniert und ich auch nichts daran
verändern wollte, dachte ich über einen Nachbau mit separatem
Bodenteller nach, denn auf die Vorheizmöglichkeit wollte ich nicht
verzichten.
Als Baumaterial sollten problemlos zu beschaffende Aludosen verwendet
werden. Die Doppelwandkonstruktion ließ sich recht einfach mit Teilen
aus unterschiedlichen Dosen anfertigen. Der Außenmantel besteht aus
der kleinen Bonduelledose und dem Boden einer Getränkedose. Der
innere Einsatz wurde aus der der kleinen Getränkedose gefertigt. Die
Bonduelledose ist sehr stabil und das Oberteil aus der Getränkedose
lässt sich später problemlos aufsetzen.
Ein Problem war, den konkaven Getränkedosenboden in eine konvexe Form
zu bringen. Schließlich brachten eine Tretlagerschale von einem alten
Fahrrad und ein alter Schreibtischlampenschirm die Lösung.
Von der großen Bonduelledose schnitt ich dann noch den Boden 4 - 5 mm
hoch ab und fertig war der Bodenteller.
Ein erster Funktionstest ergab, dass der Stove 7 (der 7. von mir gebaute
Typ) gut zu starten und schnell auf Betriebstemperatur ist und mit einer
dem 12-10 Stove vergleichbaren Leistung funktioniert. Und in den Topf
passt er auch ganz genau.
Der Stove 7 wiegt mit Bodenteller 15 g, ohne12 g. Zum Vergleich: der 12-10
Stove wiegt mit Plastikdose 30 g und ohne auch 15 g. Aus meiner Sicht 50%
Gewicht gespart - auch wenn es nur 15 g sind.
Maße:
- Unterteil Außenmantel (kleine
Bonduelle-Dose): 35 mm hoch
- Oberteil Außenmantel (Boden 0,5 l Getränkedose): 25 mm hoch
- Einsatz (kleine Getränkedose oder
Spraydose): 38 mm hoch
- Durchmesser
Kaminloch:
30 mm
- Durchmesser Löcher (Außenmantel 12, Einatz
10): 6 mm
- Abstand Löcher außen (12) vom
Boden:
11 mm (Zentrum, 1. Rille)
- Abstand Löcher innen (10) von
Boden:
30 mm (Zentrum)
- horizontaler Abstand Löcher
voneinander:
wie beschrieben mit Maßband bestimmen
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Bau des Stove 7
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Das Material für den Stove 7. Der original 12-10 Stove im
Vordergrund dient als Referenz.
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Die meisten Gemüsedosen von
Bonduelle sind aus Weißblech gefertigt. Die wenigen aus Aluminium
sind tiefgezogen und man erkennt sie an der fehlenden Schweißnaht
(bei Weißblech vorhanden) und dem unteren Rand ohne Bördelung (bei
Weißblech vorhanden). So müssen sie aussehen.
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Bei den Getränkedosen muss man darauf achten,
dass die kleine Dose später möglichst genau in die
Bodensicke der großen Dose passt. Da gibt es gewisse
Größenunterschiede bei beiden Getränkedosentypen. Also
vorher Testen.
Hier passt es nicht. Die Bördelung rutscht sogar über die Sicke.
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Hier passt es einigermaßen.
Etliche Deo-Spaydosen aus Alu könnten auch gut passen. Einfach mal
schauen.
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Anzeichnen der Bearbeitungsstellen. |
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Im Außenmantel sind oberhalb des
Bodens 12 Löcher mit 6 mm Durchmesser. Ich lege einfach ein
Maßband sauber herum, teile das Messergebnis durch 12 und zeichne
entsprechend den Sitz der Bohrungen an.
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Beim Einsatz verfahre ich analog. Hier
sitzen die 10 Löcher unterhalb des oberen Rands. 12 Löcher
außen, 10 Löcher innen - 12-10 Stove.
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Auch das zentrale Kaminloch zeichne
ich jetzt schon an, da dies nach dem Umformen schwieriger ist.
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Trennstellen und Bohrungen sind angezeichnet, der
obere Teil des Außenmantels bereits mit der Schere zugeschnitten.
Getränkedosen schneide ich einfach mit der Schere zu, die
Bonduelledosen mit einer Minitrennscheibe und einer normalen
Bohrmaschine im Ständer. Die Löcher werden vorgepiekst, mit
2 mm Bohrer vorgebohrt und mit einem Stufenbohrer dann fertig gebohrt.
Die besten Ergebnisse mit dem Stufenbohrer errreicht man mit minimalem
Druck. Wichtig: Alle Löcher bohren, bevor die Teile zugeschnitten
werden. Nach dem Zuschnitt sind insbesondere die Getränkedosen so
labil, dass Bohren dann schwierig ist. Der fertige Brenner sollte
inklusive Bodenteller max. 2 mm höher als das Original sein. |
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Wenn der der Einsatz nicht 100% in die
Sicke passt, helfen kleine Einschnitte (ca. 1 mm), wie hier.
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Das größte Problem bestand
darin, einen einfachen Weg zu finden, die nach innen weisende Wölbung
des Getränkedosenbodens nach außen zu bekommen. Die Lösung:
Eine Tretlagerschale von einem alten Fahrrad sozusagen als "Matrize" zum
Gegenhalten, ein alter Lampenschirm aus Metall als "Stempel" und ein paar
gefühlvolle Hammerschläge.
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Das Ergebnis ist recht
zufriedenstellend. Ein paar kleine Unebenheiten rühren daher, dass
ich es zunächst mit einem zu kleinen und daher ungeeigneten Stempel
(Schraubendrehergriff) versuchte.
Das Kaminloch habe ich mit der Dremel und eine kleinen Trennscheibe mit
kleinen Schnitten ausgeschnitten und mit einem Zylinderschleifkörper
schön rund geschliffen. Ich war erstaunt, wie problemlos das ging.
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Die Löcher sind gebohrt, alle Teile sind
zugeschnitten. Mit im Bild die wichtigsten Werkzeuge. Stufenbohrer
gibts übrigens immer mal wieder preiswert bei Discountern und
sind auch prima beim Hobobau einzusetzen..
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Nachdem alles sauber entgratet ist, wird der Brenner zusammengesetzt.
Zur zusätzlichen Abdichtung habe ich an der Innenseite des Oberteils
des Außenmantels (Getränkedose) einen Ring Klebstoff
aufgetragen. Beim ersten Betrieb "verschweißt" der verkokelte
Klebstoff quasi beide Teile. Beim Zusammensetzen darauf achten, das der
Einsatz nicht verdrückt wird. Gaaaaanz behutsam arbeiten! |
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Nach dem Zusammensetzen wurden noch die
Anzeichnungen mit Spiritus entfernt, da sie sich sonst bei derersten
Nutzung einbrennen. Ich polierte zudem gern noch das Aluminium mit
einer Schwabbelscheibe. Notwendig ist das nicht, es sieht halt etwas
schicker aus. |
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Der fertige Stove (noch unpoliert) neben dem Original. |
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Der Brenner mit komplettem Ti Tri Sidewinder Kocher im Topf ... |
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... mit jetzt sauber geschlossenem Deckel. |
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Zum Vergleich ... |
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... noch einmal mit dem 12-10 Stove. |
Gut war nicht gut genug: Deshalb der
Stove
7.1
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Das Ergebnis des Stove 7 hatte mich voll überzeugt. Allerdings
gefielen mir die noch etwas unzureichende handwerkliche Aufführung
und der zu filigrane Einsatz nicht so richtig. Diesmal wählte ich
für den Einsatz eine Rasierschaum- Alusprühflasche, denn deren
Material hat eine deutlich größere Wandstärke
und ...
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... passte auch noch recht genau in die Bodensicke, wie hier zu sehen.
Einschnitte waren diesmal nicht nötig.
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Der fertige Stove 7.1. Die Löcher wurden jetzt mittels
Bohrständer sauber gebohrt und auch die Umformung des
Getränkedosenbodens wurde dank des nun geeigneten Werkzeugs
sorgfältig ausgeführt. Poliert habe ich nicht. Neben dem Stove
liegt ein kleiner Deckel, der zum Löschen der Flamme genutzt werden
sollte. Versuchsweise habe ich als Bodenteller den Deckel einer Cremedose
genutzt - kam aber wieder auf den alten Bodenteller zurück. Der
Dosendeckel war plan und gab mehr Hitze als der Bonduelledeckel an den
Untergrund ab.
Da die Getränkedose diemal stramm über die Bonduelledose passte,
war kein Klebstoff zum Versiegeln erforderlich.
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Zündung!
Der Brenner braucht ca. 30 Sekunden bis er so richtig in die Gänge
kommt. Das liegt vermutlich am massiveren Einsatz. Der Stove brannte mit
30 ml Spriritus gut 12 Minuten, 800 ml sehr kaltes Leitungswasser
sprudelten nach 8 Minuten. Dann habe ich den Brenner so weit möglich
gefüllt um die max. Brenndauer zu ermitteln: Bei voller Leistung 22
Minuten. |
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Nach den ersten Sekunden kommt richtig Hitze. Nach meiner Wahrnehmung
(noch nicht gemessen) ist der Verbrauch vergleichbar dem 12-10 Stove und
dem Stove 7. Zu Beginn kann die Flamme ca. 30 cm hoch mit dicken blauen
Stamm und gelben Spitzen sein.
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Nach 4 - 5 Minuten ist sie 10 - 15 cm hoch und brennt fast reinblau.
Da kommt richtig was rausgefeuert und alles deutet auf große Hitze
hin. Das Luft- Spiritusgemisch scheint optimal zu sein. Soweit die
Laborbedingungen - die Wahrheit gibts halt nur Outdoor. |
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Wie blau die Flamme ist, erahnt man hier - man sieht nämlich fast
gar nichts. Gut aufpassen beim Hantieren mit dem jetzt sehr heißen
Stove ist angesagt. Bei genauerem Hinschauen sieht man den Spiritus
brodeln.
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Eigentlich müßte der Topf tiefer in der Cone sitzen. Der
Brenner entfaltet aber derartige Hitze, dass die höchste Position -
eigentlich für den Holzbetrieb gedacht - die beste zu sein scheint.
Nun ja, auch das wird im Realeinsatz zu ermitteln sein. Ansonsten sind
solche Bilder natürlich MYOG-Stove-Builders absolute Lieblinge.
Was ich noch testen werde ist der Einsatz eines Simmerrings. Ein einfacher
Ring, der einfach nur über die Luftlöcher gelegt wird. Hab ich
irgendwo gesehen und scheint recht gut zu funktionieren. Ziel ist
Köchelhitze und Nebeneffekt dürfte eine verlängerte
Brennzeit sein.
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Ach ja, der Deckel zum Löschen des Stoves. Er produziert nicht
den gewünschten aber einen interessanten Effekt. Legt man ihn auf,
sucht sich der vergaste Spiritus einen neuen Weg durch die unteren
Luftlöcher und brennt dort weiter.
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Der Stove 7.1 wird zum Sideburner und brennt mit ernormer
Hitzeentwicklung ziemlich schnell leer. Ein richtiger "blow out"! Der
Deckel ist also für die Tonne.
Der Stove 7.1 ist stabiler als sein Vorgänger und brennt irgendwie
ruhiger. Dafür ist sein Gewicht etwas höher: Mit Bodenteller 23
g und ohne 19 g - also nur rund
8 g mehr - aber immer noch 7 g weniger, als der original 12-10 Stove in
seiner Schutzbox.
Der Stove 7.1 wird künftig mein Standardbrenner im Ti Tri Sidewinder
sein. Das Teil hat mich bis jetzt in jeder Hinsicht überzeugt!
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Auf kleiner Flamme - einfacher Simmerring
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Es ließ mir einfach keine Ruhe und so sieht jetzt der fertige
Simmerring aus. Es ist einfach ein 25 mm breiter Ring aus dem Rest der
großen Getränkedose. Der Ring wurde durchgeschnitten und dann
der Griff einfach angeklebt. Damit der Griff nicht auf dem Rand des
Bodentellers aufliegt, schließt er oben ab und ist ungefähr 15
mm breit.
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Hier der fertige aufgesetzte Ring. Ich hatte ihn mit dem Stove 7
erprobt. Zur Erprobung hatte ich ihn zunächst mit einem
Stückchen Tesa zusammengefügt und, als alles funktionierte, den
Griff angeklebt. Der Ring sollte locker um den Stove liegen, damit er
problemlos während des Betriebs aufgesetzt und abgenommen werden
kann. |
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Zum Vergleich: Der Stove brennt hier bei der Erprobung mit voller
Kraft ...
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... und jetzt mit Simmerring ist er gut fürs köcheln. Das
gesteckte Ziel ist erreicht. Falls die Flamme zu klein ist, kann man
feintunen, indem man noch ein paar Löcher in den Ring macht.
Ausprobieren! Mir reicht es so. Will ich kurzzeitig etwas mehr Hitze
haben, hebe ich den Ring einfach ein paar Sekunden ab - dürfte in der
Praxis aber wohl nicht nötig sein.
Ach ja, mit Ring verlängert sich die Brennzeit ganz erheblich. Der
Nebeneffekt ist also auch eingetreten.
Eine einfache und superleichte Lösung, so ganz nach meinem Geschmack.
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Einige Tage nach Fertigstellung des Stove 7.1 habe ich einige Tests in
meinem Arbeitsraum vor dem geöffneten Fenster durchgeführt:
Brenndauer, freistehend, 20 ml Spiritus: 12 Min. 30 Sek.. Der 12-10 Stove
brannte parallel unter gleichen Bedingungen nur 10 Min..
Brenndauer, freistehend, 20 ml Spiritus, Simmerring nach 3 Min.
Brenndauer: 19 Min. 45 Sek. - also 58 % länger.
Kochzeit 500 ml kaltes Leitungswasser, 20 ml Spiritus, oberste Stufe Cone:
7 Min. 30 Sek. Die Brenndauer des Stoves war dabei 8 Min. 10 Sek. Ganz
offenkundig sorgt die Hitze in der Cone also nachweisbar für eine
stärkere Verdampfung von Spiritus und damit für eine
kürzere Brenndauer.
Das alles deutet darauf hin, dass der 7.1 vielleicht sogar der bessere
Stove sein könnte. Mal sehen, wie er sich später in der Praxis
schlägt.
Ein Test auf der mittleren Stufe der Cone (die für den Betrieb mit
dem 12-10 Stove gedachte) brachte kein Ergebnis, da der Stove nach ca. 4
Min. vermutlich aufgrund der zu großen Hitze in der Cone wieder
als Sideburner leerbrannte.
Ich denke, es lohnt sich ein paar Experimente mit dem Simmerring zu
machen. So könnte es sinnvoll sein, den Stove ca. 2 Min. brennen zu
lassen, den Topf auf mittlerer Stufe der Cone, und dann den Simmering
einzusetzen. Das sollte den Blowout verhindern und das Wasser in
angemessener Zeit auch mit 15 ml Spiritus zum Kochen bringen. Hitze
produziert das Teil auch im Simmermodus genug.
Für das Auf- und Absetzen des Simmerrings im Betrieb mit der Cone
werde ich mir noch etwas einfallen lassen - oder vielleicht hat ja schon
jemand dieses Problem gelöst?
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Ein wichtiger Hinweis zum
Schluss: Wer den Bauvorschlag für den Kocher ausprobieren will,
sollte wegen Brandgefahr unbedingt größte Sorgfalt und Umsicht
walten lassen. Er tut dies ausdrücklich auf eigene Gefahr! Ich
übernehme keinerlei Verantwortung und Haftung für daraus
eventuell resultierende Personen-, Sach-, Vermögens- oder
sonstige Schäden!
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