Wasserwandern nach Kalifornien und Brasilien

Ich bin ein Kind der Küste, an der Elbmündung nahe Cuxhaven geboren und aufgewachsen. Daher auch meine Affinität fürs Maritime. Ich liebe diese so typische Atmosphäre vor allem der kleinen Häfen entlang der Küsten, ihren so unverwechselbaren, salzig-moderigen Geruch, nachts das entfernte Wummern von Schiffsmotoren oder das majestetische Vorbeigleiten von Riesenpötten. Zeit also für eine kleine Frühjahrstour. Eine Wanderung mit mit meinem Mini-Camper, immer mit Wasser in der Nähe. Egal ob Salz-, Kanal- oder Süßwasser.
Mein kleiner Bericht soll über das übliche hinaus auch mit etwas Historie, gewürzt mit kleinen und großen politischen Schweinereien dieser Tage die Region etwas näherbringen.

Im Sommer ist es für uns „Locals“ nicht unbedingt ein Vergnügen, an den Küsten von Nord- und Ostsee und durch das Land zwischen den Meeren zu reisen. Der allsommerliche Touri-Tsunami aus Restdeutschland bricht dann über uns herein und macht es schwierig, spontan unterwegs zu sein. Wie viele andere verlege ich mich daher für Reisen in der Region auf Frühjahr oder Herbst. So auch dieses Jahr. Im April ging es in Cuxhaven beginnend von der Nordsee dem Nord-Ostsee Kanal folgend zur Ostsee und dann über die „Holsteinische Schweiz“ zurück nach Lübeck.
Cuxhaven erreichte ich recht unspektakulär auf schnellstem Wege über Autobahn und Bundesstraße. Meine Kindheit verbrachte ich in dem kleinen Dorf Altenbruch nahe der Stadt. Ab meinem 12. Lebensjahr wohnten wir dann in Cuxhaven, bis ich es nach Beendigung meiner Lehre verließ und mich mit gerade mal 17 Jahren erstmal in in einem Karstadt-Haus in Hamburg-Eimsbüttel wiederfand.

Cuxhaven – kurz und grell beleuchtet … aber ohne Fotos

Und – warum keine Fotos? Weil das Wetter halt grottenschlecht und ich in Depri-Stimmung war. Deshalb hier als kleiner Trost eine Auswahl von Google 🙂 .

Cuxhaven ist eher unscheinbar, hat aber eine durchaus interessante Geschichte. Lange Zeit war es Außenposten Hamburgs an der Elbmündung. Davon zeugt heute noch das sogenannte Schloss des „Amtes Ritzebüttel“. Hamburg hat hier mit den Inseln Neuwerk und Schahörn selbst heute immer noch einen Fuß in der Tür. Zu wichtig war und ist die Position am Eingang zum weit entfernten eigenen Hafen!
Im Rahmen des Cuxhaven-Vertrags erhielt Hamburg die mit den Groß-Hamburg-Gesetzen verlorenen Inseln 1993 zurück. Dafür gab es seine Enklaven im Stadtgebiet und im Vordeichgelände bis nach Altenbruch an Niedersachsen her. Warum? Seit Jahrhunderten achtet Hamburg mit Argusaugen darauf, dass an der Elbmündung ja kein größerer Seehafen entsteht. Genau deshalb wollten sie das Neuwerker Gebiet. Ein Tiefwasserhafen Niedersachsens würde dem über 100 Kilometer im Binnenland liegenden Hafen der stolzen Hansestadt über kurz oder lang im Sinne des Wortes das Wasser abgraben. Schon die Planer Napoleons erkannten die günstige Lage an der Elbmündung und er soll wohl mit dem Gedanken gespielt haben, in der Gegend von Cuxhaven und Altenbruch einen riesigen Kriegshafen anzulegen. Es wird immer noch gemunkelt, dass es vertrauliche vertragliche Vereinbarungen geben soll, nach denen sich Niedersachsen verpflichtet hat, an der Elbmündung keine zu Hamburg konkurrierenden Hafenanlagen zu errichten. Deshalb wohl die bisher noch relativ erfolgfreien Bemühungen Niedersachsens und Bremens mit dem Tiefwasserhafen Jade-Weser Port bei Wilhelmshaven, Marinejargon: „Schlick-Town“.

An der Kugelbake endet die Elbe, rechts mit Fahrwasser und Schlick, links mit herrlichem Watt und Kilometer lange Sandstränden. Lange schützte das dort gelegene Fort Kugelbake die Elbmündung. Das ist selbst vielen Einheimischen nicht bekannt,
Im Hafengebiet nahe dem Steubenhöft erinnert heute noch manches daran, dass Cuxhaven neben Bremerhaven auch ein Auswanderungshafen war. An den Stränden von Duhnen, Döse und dem nahen Sahlenburg erholte sich insbesondere in den 50ern und 60ern das halbe Ruhrgebiet. Der zu der Zeit neben dem Tourismus wichtigste Wirtschaftszweig der Stadt, die Fischindustrie, ging in den 70ern endgültig den Bach runter. Danach war dann erst einmal ziemlich Zappen duster. Dank Windenergie prosperiert die Stadt inzwischen wieder. Neue, riesige Hafenwirtschaftsflächen bis nach Altenbruch wurden u.a. für das Off-Shore Geschäft mit Windenergie erschlossen. Aber auch das Strandleben läuft inzwischen wieder prächtig.

Es gibt natürlich einiges, was man in „Fisch-Town“, wie Cuxhaven früher spöttisch die Nase rümpfend auch genannt wurde, unternehmen kann. Fisch-Town auch wegen des damals zuweilen pestilenten Gestanks, den eine Fischmehlfabrik im Hafen bei bestimmten Wetterlagen im Stadtgebiet verbreitete. Dazu noch der „Kabeljau-Express“, der morgens im Umland neben anderen unglücklichen Fahrgästen die Arbeitskräfte der Fischindustrie einsammelte und abends zurück transportierte. Dessen Waggons waren mit dem intensiven Fischgeruch der Arbeitskleidung förmlich imprägniert und wurden wohl nur für diese Aufgabe eingesetzt. Nach dem Krieg war Cuxhaven übrigens nach Hamburg der zweitgrößte Fischereihafen Deutschlands. Gefolgt von Bremerhaven und Kiel. Doch das ist alles Geschichte.

Wenn ich heute mal in der Stadt bin, dann gibt es zwei Dinge, die ich gerne mache. Die „Alte Liebe“ besuchen und frischen Seefisch in einer der vielen Fischbratküchen, pardon, heute in Fischrestaurants des alten Fischereihafens essen. Ansonsten ist mir in dieser kleinen Stadt inzwischen zuviel gesichtsloses Touri-Chichi.
Was ich garantiert nicht mache ist, mich auf den WoMo-Stellplatz am Jachthafen, nahe der Alten Liebe zu stellen. Der versprüht den betonierten Charme einer öffentlichen Bedürfnisanstalt, ist sauteuer und eigentlich bietet nur die erste Reihe einen lohnenden Blick auf den Weltschifffahrtsweg. Neben 17,50 €uro für 24 Stunden plus 4 €uro Kurtaxe! Für Beton pur! Schiffe gucken geht wo anders besser und preiswerter!

Also frische Seeluft an der Alten Liebe schnuppern, dann ein paar Fischfrikadellen und Besuch des Grabes meiner Eltern auf dem Friedhof der Grodener Kirche. Diese Bauernkirchen sind echte Kleinode und und für Interessierte lohnt den Besuch. Auch die im nahen Altenbruch, in Lüdingworth oder im weiter entfernten Otterndorf haben ihre Reize. Teilweise sind sie mit Orgeln der großen Orgelbaumeister ausgestattet. Insbesondere die Altenbrucher Kirche macht deutlich, wie reich die Bauern der fruchtbaren Marsch waren. Mit ihren heute noch als Landmarke in Seekarten vermerkten Doppeltürmen und allem drum und dran wurde sie von ihnen finanziert. Einer der sogenannten „Bauerndome“ und „Dom“ sagt da schon einiges aus.

Der Plan war, zunächst in aller Ruhe auf kleinen Marschstraßen Stätten meiner Kindheit und Jugend entlang der Elbe abzuklappern und dann zum Übernachten irgendwo etwas, möglichst mit Blick auf die Elbe zu finden. Also ging es zunächst über die „Alte Marsch“ Richtung Altenbruch. Dort lohnt sich übrigens einen kleinen Abstecher zur „Dicken Berta“, einem alten, weißen Leuchtturm, zu machen. Auf dem Deich steht das „Gasthaus zur Schleuse“. Bei jedem Wetter ein empfehlenswerter Platz mit tollem Blick auf die Elbe.
Man erkennt hier gut, wie sehr sich das Cuxhavener Hafengebiet in den letzten Jahrzehnten ausbreitete. Früher gab es von hier bis zum Hafen nur kilometerweit einsames, grünes Deichvorland in dem im Sommer die Kibitze brüteten. Heute reichen die Hafenwirtschaftsflächen bis an das Gasthaus heran.

In Altenbruch befindet sich übrigens direkt an der Kreuzung Alte Marsch – Bahnhofstraße das „Deutsche U-Boot-Museum„. Als es noch Wohngebäude eines Bauernhofs war bin ich in diesem Haus aufgewachsen. Im Ort findet man das dazu gehörende „U-Boot-Archiv“.

Krautsand

Auf der Wehldorfer/ Müggendorfer Straße ging es weiter nach Otterndorf, bis Neuhaus auf der B73 und dann über die Marschstraßen des Kehdinger Landes bis Krautsand. Dort versprach „park4night“ einen schönen Stellplatz direkt an der Elbe. Ich hatte einfach so richtig Lust darauf, mir dort etwas schönes zu kochen und dann in aller Ruhe bei einem Bier am Strand sitzend die dicken Pötte vorbei gleiten zu sehen bis der Mond aufgeht. Kann man dort auch alles ganz wunderbar haben, sofern das Wetter mitspielt. Inzwischen fielen immer wieder heftige Schauer vom Himmel, es war kalt und recht windig. Also schaute ich mir den Strand – der bei gutem Wetter sicher ein Gedicht ist – nur kurz an und kochte mir dann was Leckeres. Das funktionierte dank ordentlichem Equipments noch.
Es gab geschmorten Spitzkohl mit Spitzpaprika, Zwiebel und Knobi á la „Calle“ von YT. Wirklich seeehr lecker! Ein kleiner, wärmender Trost angesichts des Sauwetters.
Soweit der Abschluss des Nostalgieteils meiner Tour. Man möge es mir verzeihen, aber längst verschüttet geglaubte Heimatgefühle kamen halt so über mich…

So eigenartig es klingt, aber Krautsand gilt wohl immer noch als Elbinsel. Diese wuchs im Laufe der Jahrhunderte aus kleineren Inseln und Sänden zusammen. Heute ist sie durch weitere Verlandung und Baumaßnahmen eigentlich keine Insel mehr. Auch auf der Landkarte deutet nichts darauf hin.

Die Nacht verlief gut. Der prasselnde Regen auf dem Blech gepaart mit dem wispernden Schnurren der Standheizung verliehen dem Ganzen eine gewisse Muckeligkeit. Am Freitagmorgen schien dann die Sonne, es war warm und kein Lüftchen regte sich. Die Welt war wieder schön!

Ich machte mir den Rest Schmorkohl warm. Der war immer noch lecker und ersparte Frühstück machen. Ich ließ mir dann mit allem so riiichtig Zeit und zuckelte irgendwann weiter.
Zunächst gabs ein Micro-Kreuzfahrt von Wischhafen nach Happytown, meint Glückstadt. Ich fahr da immer gern rüber und empfehle dies durchaus auch den Binnenländlern. Ich mags einfach und u.U. ist es sogar mit einer enormen Zeitersparnis verbunden.
Unter Marine-Gedienten hat Happytown einen etwas zwiespältigen Ruf, denn hier gab es ehedem die „Marine-Schleifsteine“ mit allem drum und dran, inklusive MWP’s.

Ich ließ Happytown rechts liegen und machte mich auf zu meinem Tagesziel. Es ist interessant die Veränderung der Kulturlandschaft zu sehen, wenn man von der Marsch in die Geest hinauf fährt. Von Hanerau-Hademarschen geht es zum Schluss dann irgendwie unerwartet in ein richtiggehendes sanftes, weites Tal hinunter auf dessen Boden der Nord-Ostseekanal verläuft. Hier wollte ich bei Fischerhütte chillen und übernachten.

Fischerhütte

Doch das ist gar nicht so einfach. Denn Fischerhütte ist wohl der kleinste offizielle Stellplatz Deutschlands. Gerade mal 2 WoMos passen drauf! Am besten immer auf der Website schauen, ob die Ampel auf „Grün“ steht.
Der Platz ist allerdings genial gelegen. Ich kann tatsächlich im Bett liegend durch die Heckscheibe die Schiffe auf dem Kanal vorbei ziehen sehen. Ideal für Ship-Spotter! Alles ist einfach gehalten. Es gibt Strom und Wasser. Toilette durch den nahen Imbiss. Ach ja, bei selbigen gibt’s hervorragende Pommes – auch so eine Empfehlung. Kurz, ich finde, der Winz-Platz ist ein Juwel – trotz des gerade stattfindenden Umbaus am Haus!

Die Nacht am Kanal war schon etwas seltsam. Als es zu dämmern begann zog ich mich ins Bett zurück und hörte noch einige Kapitel der grandiosen “Mittagstunde“ von Dörte Hansen. Passt ja auch so gut zu meiner Tour durch Marsch und Geest Schleswig-Holsteins. Ziemlich gefesselt von der gebrochen knarzigen Stimme der herrlichen Vorleserin Hannelore Hoger tauchten immer wieder, wie Schemen, mit erstaunlich leisem Maschinengeräusch ganz plötzlich sogar richtig große Schiffe in meiner Heckscheibe auf, fast lautlos schwebten sie vorbei und verschwanden dann wie vom Wind vertriebene Nebelfetzen. Die Fähre, die noch eine Weile fuhr, war deutlich hörbarer.
Aus tiefem Schlaf wurde ich irgendwann wach. Durch die Finsternis zog zu meiner Verwunderung ein grelles Licht an meinem Heckfenster vorbei. Erst jetzt war für mich das tiefe, satte Wummern einer Monstermaschine tief im Leib dieses riesigen Meeresungeheuers wahrnehmbar. Wie auf Pantherpfoten hatte es sich herangeschlichen, zog wie ein aufgetakelter Weihnachtsbaum lichterfunkelnd ruhig vorbei und verschwand genau so geheimnisvoll lautlos wieder in der Nacht. So ging es noch einige Male und ich bekam kaum genug davon, bis mich dann doch tiefer Schlaf wieder einfing.

Der Morgen war grau, kalt und es hatte geregnet. Wenigstens war es nicht windig. Man freut sich ja schon über kleine Dinge.

Zum Frühstück gabs Rühreier mit Champignons und, natürlich, Espresso aus der Bialetti. Wie schaffe ich es bloß bei kaltem, windigen Wetter warme Rühreier zu heißem Espresso auf nur einer Flamme hin zu bekommen?
Alles eine Frage der Reihenfolge: Eier aufschlagen mit Champis fertig machen – dabei Wasser in Kessel kochen – dann Teller mit Brot vorbereiten – Bialetti vorbereiten – Wasser kocht, Kessel runter – Pfanne rauf, Eier braten – wenn fertig in heißer Pfanne mit Deckel abstellen – heißes Wasser in die Bialetti und die auf die Flamme – Kaffee ist fertig – Eier aufs Brot >>> Frühstücken!
Geht zügiger als es hier scheint. Na ja, die Eier einfach kochen ist trotzdem einfacher.

Nach dem Frühstück noch ein langer, richtig netter Plausch mit meinen WoMo-Nachbarn. Beide über 60 leben sie ständig in ihrem mittleren WoMo, Meldeadresse bei der Tochter. Sie waren richtig gut drauf. Sie sind die Art Menschen, die ich unterwegs zu treffen hoffe und seltsamer Weise auch oft antreffe.

Am NOK oder etwas weltläufiger „Kiel-Canal“

Der Nord-Ostsee Kanal, außerhalb Deutschlands als „Kiel Canal“ bekannt, kann sich rühmen, die meistbefahrene Seeschifffahrtsstrasse der Welt zu sein. Von Fischerhütte folgte ich ihm bis Rendsburg. Direkt am Kanal ist dies leider nicht möglich, denn mit dem Auto dürfen die Uferwege nicht befahren werden. Also auf nach Rendsburg. Mein Ziel dort war die Eisenbahn-Hochbrücke mit darunter hängender Schwebefähre. Drüber gefahren war ich schon ein paar Mal aber von unten angeschaut hatte ich sie mir noch nicht. Wirklich sehenswert, dieses meisterliche Stück Ingenieurkunst. Es war schon tricky, wie man die erforderliche Höhe zur Überwindung des Kanals erreichte. Und wer weiß schon, dass in ihr 17.740 Tonnen Stahl verbaut wurden und sie damit die größte Stahlkonstruktion der Welt sein soll? Beim Eiffelturm waren es gerade mal mickerige 7.300 Tonnen Stahl 😉 .
Direkt neben der Brücke gibt’s auf der Rendsburger Seite einen richtig großen Beton-Stellplatz mit geschätzt ein paar hundert Stück weißer Ware. Was finden die Leute nur daran, in Massen auf derart mistigen Plätzen zu stehen?

Kiel

Bis auf das wirklich schöne westliche Fördeufer halte ich die Stadt Kiel touristisch betrachtet, außer in Zeiten der Kieler Woche, für wenig interessant. Na ja, als zugezogener Lübecker bin ich da vielleicht auch etwas verwöhnt und abgehoben. Aber Kiel wird aus gutem Grund in meiner Stadt immer mit ziemlichen Argwohn betrachtet. „Aus Kiel kommt nichts Gutes!“ heißt es zuweilen.
Zwischen dem heute ziemlich aufgeblasenen Fischerdorf in den zu großen Gummistiefeln und der zugegebenermaßen zuweilen schon recht hochnäsigen, überheblichen und schlafmützigen alten Hansestadt köchelt ein permanenter Konkurrenzkampf. Zuweilen auch ein ziemlich schmutziger. Stilfreier Parvenue gegen verarmten Pfeffersack-Adel vom Feinsten!
Der letzte größere Angriff aus Kiel hatte zum Ziel, Lübeck als Universitätsstadt zugunsten Kiels Christian Albrecht Universität schlicht platt zu machen. So die ganz offenkundige Absicht einiger Absolventen der Kieler Alma Mater in der Landesregierung. Eine überaus bösartige und hinterhältige Machenschaft die jeglicher vernünftigen Begründung entbehrte. Doch dann die große Überraschung! Sonst eher brave und bräsige Lübecker Bürger standen plötzlich und unerwartet Schulter an Schulter mit den Studenten kampfeslustig und -bereit auf den Barrikaden! „Lübeck kämpft für seine Uni!“ hallte der Schlachtruf und die Stadt war quasi über Nacht und dann Monate mit entsprechenden, leuchtend grellgelben Stickern überzogen. Der schändliche Coup der Kieler Christian-Albrecht-Mafia scheiterte letztlich dank der so unerwartet erwachten und praktizierten Solidarität der Lübecker zur „ihrer“ Uni und „ihren“ Studis. Ein übler Nachgeschmack blieb jedoch. Wohl gerade wegen dieser Ereignisse und vielleicht einer gehörigen Portion schlechten Gewissens – gibt es derartiges in der Politik überhaupt? – in der Landesregierung gedeiht die Lübecker Uni inzwischen prächtig. Lübeck hat sich zur beliebten internationalen Studentenstadt mit Deutschlands Top-Uniklinik gemausert und ist inzwischen ein international anerkannter Wissenschaftsstandort mit Fraunhofer-Institut und anderem. Wohl mehr, als es sich die gescheiterten Uni-Meuchelmörder je hatten vorstellen können und wollen. Der kräftige, frische Wind durch die vielen jungen Leute aus aller Welt hat der alten Hansestadt so richtig Leben eingehaucht. Er hat ihr gut getan.

Ich ließ also dieses m.E, trotz seines jährlichen kurzen Erblühens während der Kieler Woche und ehedem in der Kaiserzeit, fade Nest hinter mir und fuhr nach Laboe zum Ehrenmal. Selbiges und das U-Boot hatte ich auch schon einige male besichtigt und kann es nur empfehlen. Mich hatte jeder Besuch recht nachdenklich gestimmt. So viele sinnlose Tote!

Kalifornien, Brasilien und der „Campingpark Ostseestrand“

Von Laboe ging es über die Marina Wendtorf weiter nach Kalifornien und Brasilien. Wendtorf fand ich gruselig. Überall nagelneuer Beton. Ferienwohnungen, genug, um einen ganzen Stadtteil dort unterbringen zu können. Wenn ich so etwas sehe kommt mir der Gedanke, dass man die Wohnungsmisere in Deutschland doch locker aus der Welt schaffen könnte, wenn man nur einen Teil dieses Wohnraums dem dauerhaften Wohnen widmen würde.


Ähnliches, aber dann doch ganz anders, finde ich Kalifornien und Brasilien vor. Beides richtiggehende kleine Dörfer aus kleineren Ferienwohneinheiten und kleinen Ferienhäusern. Irgendwie merkwürdig heimelig fürs Auge, durchaus zum Wohlfühlen. Keine Augenqual durch strengen, öden Beton. Und, wie passend, die Sonne kam auch heraus und sofort wurde es angenehm warm.
In Brasilien fährt man direkt auf einen direkt am Strand gelegenen Parkplatz zu (Höhenbegrenzung 2 m, Balken!). Der Vorplatz war Gebührenfrei. Da habe ich mich hingestellt und hatte einen wunderbar freiem Blick auf die Ostsee. Solche Stellen findet man nicht oft.

Mein Tagesziel war der „Campingpark Ostseestrand “ nördlich von Hohenfelde. Schöne große Rasenstellfläche für WoMos, großzügig parzelliert. Wasser, Strom, Grauwasserentsorgung, nagelneue Hygieneeinrichtungen, alles da. Hier wollte ich zwei Nächte bleiben. Bis zum Strand sind es nur ein paar Meter und die zwei Nächte kosten mal gerade 24 Euro. Da zahlt man auf so manchem schäbigen WoMo-Stellplatz ohne solche Infrastruktur mehr. Sie hatten gerade den ersten Tag geöffnet.

Godau am Plöner See

Von der Ostsee zog es mich danach ins Landesinnere. Ich wollte meine Tour an einem der Seen der „Holsteinischen Schweiz“ ausklingen lassen. Nach etwas Suchen in park4night entschied ich mich für „Camping Godau“ am Westufer des großen Plöner Sees.

Über kleine, ruhige Geeststraßen rollte ich langsam durch die so typische Knicklandschaft der Geest Richtung Plön. In manchen Knicks blühte an günstigen Stellen schon der Weißdorn, sogar vereinzelte „Frustritzien“ konnte ich entdecken. Etliche Knicks waren im Rahmen ihrer Pflege „auf den Stock gesetzt“ damit sie frisch und dicht neu austreiben. Vorbei die Zeit dummer Knickschleiferei, schon seit Jahren! In Sandstürmen fortfliegender Ackerboden und das Verschwinden von Vögeln und Insekten führten zum Glück zu einem Umdenken. Es sollen sogar wieder neue angelegt werden. Die Sonne strahlte zwar, aber der Ostwind war immer noch richtig kalt. Nun gut.
In Plön angekommen wählte ich den Weg an Fegetasche und MUS (Marineunteroffizierschule) vorbei, um südlich um den See herum zu fahren. Das ist recht reizvoll, denn man kommt dort durch kleine Dörfer, hat hin und wieder schöne Blicke auf die Seen und manch Gutshof nebst prächtigem Herrenhaus, wie z.B. Schloss Nehmten, liegt am Weg.


Die Zufahrt zum C-Platz in Godau ist dann derart unscheinbar, dass man entweder vorbei fährt oder einfach nicht glaubt, richtig zu sein.
Der Empfang vom Eigentümer war norddeutsch herzlich und wir waren gleich beim „Du“. Wir hatten Zeit und erst mal musste er den Mini-Camper interessiert beäugen. Dann wies er mir einen guten Platz bei den Dauergästen zu, wenn auch mit etwas eingeschränktem Blick auf den See. Ich fühlte mich sofort wohl und willkommen.


Dieser Platz ist einfach ein Träumchen! Nicht sonderlich groß, in Familienhand, ohne irgendwelchen Firlefanz aber mit allem, was man braucht und vor allem direkt am See gelegen. Er verfügt über eine kleine Badestelle mit Strand und man steht ausschließlich auf gepflegtem Rasen. Im Sommer muss es hier herrlich sein mit dem Wald rundherum. Sicher toll mit Kindern.
Das Waschhaus schon etwas älter, aber man sieht und riecht das es wirklich super-sauber ist. Leider blies weiter kalter Ostwind. Schaun mer also wieder mal …

Am nächsten Tag ging es dann wieder nach Lübeck. Eine trotz teilweise misslichen Wetters schöne, kleine nachösterliche Tour war zu Ende.

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