„Fresh Up“ meines Koga Miyata Traveller

2018 gehts mit Claudia auf große Radtour durch Frankreich. Da ich meinem alten Mixed-Rad mit VSF-Rahmen eine derartige Belastung nicht mehr so richtig zutraute, machte ich mich auf die Suche nach etwas geeigneterem und wurde bald fündig: Ein älteres „Koga Miyata Traveller“. Diese Räder sind von Haus aus qualitativ hochwertig gearbeitet und mit entsprechenden Komponenten ausgestattet. Aber wie es so ist, es gab doch diverse Details, die ich gerne etwas besser meinen Bedürfnissen anpassen wollte. Darüber und wie ich so gewerkelt habe handelt dieser Bericht.

Das ursprüngliche Rad

Wenn man genau hinschaute, dann war das edle Teil unter seinem Schmutzmantel noch recht gut erhalten – von einigen Lackschäden mal abgesehen. Einige der so schön taubenblau eloxierten oder lackierten LX-Originalteile von Shimano hatte der Vorbesitzer leider irgendwann ausgetauscht. So gabs am Vorderrad jetzt einen Shimano Nabendynamo statt der LX-Nabe, die Kurbelgarnitur war jetzt von Truvativ und die V-Brake am Hinterrad nun eine XT. Zum Glück entsprachen diese Teile in ihrer Wertigkeit dem Traveller.
Das Aschenbrödel wurde zunächst weitgehend demontiert, gründlich gereinigt, die Lackschäden beseitigt und dann wieder aufgebaut.
Bei der Remontage wechselte ich verschlissene Teile und die, für die ich andere Vorstellungen hatte, bzw. ergänzte, was nach meinen Vorstellungen fehlte. Doch der Reihe nach.

Ein „Koga Miyata Traveller“ sollte es sein, weil es unter Reiseradlern durchweg einen guten Ruf hat, mit 140 kg zulässigem Gesamtgewicht (Rad+Gepäck+Radler) daher kommt und immer wieder mal günstig gebraucht angeboten wird. Meins stammt wohl aus den ersten Jahren nach 2000.
Ein Gebrauchtes sollte es sein, weil es mir einfach Spass macht, an Fahrrädern zu schrauben und dabei so ein Teil genau entsprechend meinen Vorstellungen zu gestalten.

Mein Traveller, wie ich es bekam – Grundsätzlich chic, aber dieser monströse Lenker? Und dann der m.E. viel zu hohe Vorbau …

Die Renovierung

Nach dem Zerlegen des Rads säuberte ich geduldig alle Teile, konservierte und, soweit erforderlich, schmierte sie. Am Rahmen wurden die Lackschäden beseitigt. Darauf verwendete ich einige Sorgfalt, denn erstens ist dieser Rahmen wertvoll und zweiten will ich mich nicht in ein paar Jahren wieder damit beschäftigen müssen. Also wurden die Schadstellen blank geschliffen, gespachtelt, glatt geschliffen, grundiert, dreimal lackiert und zuletzt zweimal Klarlack drüber gesprüht. Lackiert habe ich mit einem annähernd passenden Kfz.-Metallic-Sprühlack aus dem Baumarkt.

Da der Rahmen weitgehend aus Aluminium besteht, habe ich eine Alu-Grundierung verwendet. Dunkelgrau oder braun wäre allerdings besser gewesen
Wenige große, sauber grundierte und lackierte Flächen fallen weniger auf, als viele kleine, gepinselte Tupflackplacken. In natura fällt der Unterschied zum alten Lack zum Glück wesentlich geringer aus, als auf diesem Foto
Die Abrutschstellen am beruppsten Steuersatz wurden leicht nachgefeilt und neu lackiert – etwas Kosmetik

Dann baute ich das Rad Stück für Stück wieder auf.
Die Laufräder waren in sehr gutem Zustand mit hochwertige MAVIC-Felgen auf denen fast neuen 37-622 Schwalbe-Marathon Performance Line Green Guard aufgezogen waren. Daran änderte ich nichts.
Vor der großen Tour werde ich mir als Ersatz noch einen faltbaren Marathon Mondial Evolution zulegen. Der soll laut Rad-Reise-Forum leicht und komfortabel laufen, dabei langlebig und auch sehr pannensicher sein.

Das Shimano Deore LX M570-Schaltwerk und der Umwerfer sehen noch fast wie neu aus und schalten exakt. Das Schaltwerk kann Ritzel bis zu 36 Zähnen bewältigen. An Steigungen bei meiner Gewichtsklasse ein spürbarer Vorteil und deshalb wechselte ich die alte Kassette gegen eine mit 12 – 36 Zähnen. Natürlich kamen auch gleich eine neue Kette und eine Speichenschutzscheibe dazu. Letztere soll zwar total uncool sein, aber das interessiert mich herzhaft wenig …

Auch nach Jahren exakt wie ein Schweizer Uhrwerk: Das LX Schaltwerk von Shimano

Den Abschluss bildeten neue Spannachsen. Für das Hinterrad nahm ich eine Q-Guard. Die wurden um 2000 auch von Koga verbaut. Ist etwas Nostalgie fürs Auge und schützt zudem das Schaltwerk ein wenig. Durch das Rahmenschloss ist das Hinterrad ja einigermaßen gegen Diebstahl gesichert. Vorne kam allerdings eine diebstahlhemmende Achse von HEXLOX rein.

Etwas Schutz und Retro zugleich: Der Q-Guard Schnellspanner

Apropos HEXLOX. Diese neuartige Diebstahlsicherung hatte mich neugierig gemacht. Wenn meine Tests damit positiv ausfallen, werde ich auch Lenker , Vorbau, Sattelstütze und Sattel damit sichern. Der Vorteil liegt darin, dass es nur handelsübliche Inbusbolzen aus Stahl braucht, damit die Sperrnüsse eingesetzt werden können. Dann sind die Bolzen nicht mehr schraubbar. Bedient wird das Ganze mit einem winzigen kodierten Schlüssel. Hier gibts noch ein wenig mehr davon.

Das kleine Ding im Sechskant-Inbus ist das entscheidende Teil

Die silberne XT V-Brake ersetzte ich durch eine taubenblaue LX der originalen Ausstattung. Die Dinger haben parallel geführte Bremsschuhe – herrlich retro! Ich hatte sie nagelneu günstig bei Ebay ersteigert. Die V-Brakes wurden wieder auf gesäuberte und gut gefettete Bremssockel montiert. Dabei erhielten sie gleich neue Cartridges.

Herrlich Retro doch was für ein Aufwand: LX V-Brakes mit paralleler Bremsschuhführung

Der Busch+Müller LED-Scheinwerfer war ordentlich, also verwendete ich ihn weiter.

Die Schutzbleche tauschte ich aus optischen Gründen aus. Am hinteren Schutzblech montierte ich noch einen kleinen extra-Rückstrahler.

Die Truvativ-Kurbel mit ihren Stahl-Kettenblättern 26 und 36 und dem 48er aus Aluminium entspricht sicherlich nicht der originalen Ausstattung. Sie ist aber hochwertig und weist kaum Verschleißspuren auf. Ich reinigte sie gründlich und bei der Montage kamen gleich neue Pedale daran.

Wohl nicht original – die Kurbelgarnitur von Truvativ

Den original Gepäckträger – ich mochte dieses eigenartig proportionierte silberne Teil nicht so recht – tauschte ich mit meinen schwarzen Racktime (Hersteller Tubus?) vom Mixed. Er hatte sich bisher gut bewährt und passte m.E. auch besser zum Rad. An die Gabel montierte ich meinen ebenfalls bewährten älteren Tubus Tara. Zuletzt wurde das Rücklicht wieder angeschlossen.

Bevor ich den gut gefetteten Ständer montierte, schützte ich den neuen Lack an den Montagestellen mit Tesa-Gewebeband vor erneuten Beschädigungen.

Nach der Montage der Laufräder wurde es Zeit für die Kette. Da ich künftig ein 36er Ritzel fahren will, hatte ich sicherheitshalber eine längere Shimano-HG für 9-Gang mit 138 Gliedern gekauft. Diese kürzte ich passend, setzte ein 9er Kettenschloss ein und montierte sie dann. Ich verwende gern Kettenschlösser. Im Normalfall spare ich dadurch den Einsatz meines  Nietendrückers. Probleme beim Kettenlauf konnte ich bisher nicht feststellen. Von restlichen Kettenteil nahm ich sechs Glieder für meine Tour-Ersatzteile ab.

Der Vorbau des Rades ist zwar von guter Qualität, war mir 30 cm Schaftlänge aber einfach viel zu lang. Er wurde durch einen XLC  mit 18 cm Schaftlänge ersetzt. Auch der original Lenker gefiel mir überhaupt nicht – obwohl hochwertig und sogar mit schönen Ledergriffen ausgestattet. Er verschandelte die eleganten Proportionen des Rades. Zudem hatte ich früher bereits einen derartigen Lenker genutzt und fand ihn insgesamt nicht so komfortabel. Daher montierte ich einen für mich, auch aus orthopädischen Gründen, komfortableren NC-17 Trekking Pro. Der hatte zudem den Vorteil, dass ich meine Ortlieb-Lenkertasche später problemlos anbringen konnte.

Neuer Vorbau und Lenker. Damit fühle ich mich deutlich wohler

Dann kamen alle Hebel, die Fronttaschenhalterung und die witzige Koga-Klingel mit Kompass wieder dran. Natürlich wurden jetzt auch meine schönen Ergon GP Bio-Kork vom Mixed am Traveller angeschraubt.
Und da ich gerade in der Gegend hantierte bekam der Scheinwerfer wieder Stromanschluss.

Nachdem ich das Sattelrohr innen mit Schmirgelleinen schön sauber geschliffen hatte wurde die gut gefettete schwarze Sattelstütze eingesetzt. Die Schmirgelei vermeidet noch mehr unschöne Kratzer auf der Stütze. Den eigenartigerweise silbernen Sattelkloben ersetzte ich durch einen schwarzen. Der alte Sattel wurde durch einen neuen Brooks B67 aged, den es gerade bei Rose-Bikes im Angebot gab, ersetzt. Vor der Montage habe ich zum Schutz des Sattelleders in die Unterseite noch satt Brooks Proofide Sattelfett einwirken lassen. Ich habe mit Brooks-Sätteln im Laufe der Jahre richtig gute Erfahrungen gemacht und schwöre auf die Dinger. Mein Hintern auch …

Einfach Brooks …

Als nächstes verlegte ich die neuen Brems- und Schaltzüge. Freiliegende Innenzugteile schützte ich mit entsprechend passenden Linern. In derVergangenheit hatte ich hier allzu oft Korrosionsbefall. Damit die Innenzüge auch wirklich optimal flutschen, bekamen sie noch eine dezente Behandlung mit Teflon-Schmiermittel.

Jetzt wurden die Bremsen und die Schaltung eingestellt. Wie das alles geht, kann man in der entsprechenden Literatur lesen oder sich bei YouTube ansehen (meine Empfehlung: die Videos von Grinsgesicht und Bike-Bastl-Wastl). Die Enden der Innenzüge wurden mit Abschlusskappen gegen Ausfasern gesichert.

Damit mein Rad möglichst lange meins bleibt, kam noch zusätzlich zum vorhandenen AXA-Rahmenschloss ein  neues ABUS Granite X-Plus 540 mit 30 cm Bügel.

Die Sicherheitszentrale. Sorgt für erheblich mehr Gewicht aber leider unumgänglich

Status des Rades zu diesem Zeitpunkt: Alles montiert, Schaltung eingestellt, Bremsen eingestellt – Lenkung, Brems- und Schaltgriffe, Sattel und Lampe noch nicht ein gestellt. Diese Arbeiten erfolgten also als nächstes.

Auf den folgenden Probefahrten erfolgte dann noch die Endjustierung aller Teile. Die Lenkung wurde jetzt richtig positioniert, ebenso der Sattel. Die Bowdenzüge brauchen zudem etwas, um sich zu setzen. Es ist also normal, wenn hier noch nachgeregelt werden muss.

Vielleicht sollte ich erwähnen, dass ich bei der Montage Montagefett verwendet habe. Für wirklich jedes Schraubgewinde, die Sattelstütze, den Lenker, die Ritzelaufnahme usw. Dies erleichtert die Montage, verhindert Korrosion und stellt später eine leichtere Demontage sicher.

Und hier ist es nun, das 2017 wiedergeborene, etwas umgestaltete Koga Miyata Traveller aus dem Jahr 2000:

Lenker, Griffe und Schalter werden natürlich noch richtig eingestellt …
… wie nun geschehen
… das Aschenbrödel

… und noch mal zum Vergleich …

Von Sandstrahlen und neu beschichten des Rahmens habe ich abgesehen, denn es kam mir darauf an, möglichst viel vom Koga-Charakter zu erhalten. Ich glaube und hoffe, dass mir dies weitgehend gelungen ist.
Die schwarzen Anbauteile, die neue Lenkung und die ebenfalls neuen Schutzbleche unterstreichen m.E. die Eleganz dieses Velos m.E.. Mir gefällt es jedenfalls. Es rollt und läuft ganz wunderbar und wird auf Tour sicher zuverlässig gute Dienste leisten.

Edit 07.08.2017 – Testtour

Ich bin gerade von einer mehrtägigen Tour auf dem Ostsee-Radweg (Flensburg – Lübeck) zurück. Meine Erwartungen an das Rad haben sich unter der unterschiedlichsten Bedingungen erfüllt. Insbesondere haben mich jedoch die Rolleigenschaften begeistert. Die Rahmengeometrie scheint geradezu dafür geschaffen worden zu sein.
Ebenso zufrieden war ich auch mit der alten Deore LX Schaltung. Wie schon beim Einstellen erkennbar, schaltete sie auch im Betrieb äußerst zuverlässig und exakt.
Zwei Dinge bereiteten mir jedoch kurzfristig Probleme und zwar aufgrund eigener Nachlässigkeit.
Der Steuersatz lockerte sich, da die Kontermutter nicht richtig angezogen war. Da hatte ich mich wohl zu sehr auf den Vorbesitzer verlassen. Ich zog ihn provisorisch von Hand mehrfach am Tag fest und es ging tatsächlich ohne spürbare Probleme.
Beim Schaltvorgang verklemmte sich sie Kette zwischen Strebe und kleinem Blatt. Gleichzeitiges – versehentliches! – Schalten von Schaltwerk und Umwerfer ist eben keine gute Idee. Kette beschädigt und kleines Kettenblatt verbogen. Das Stahlblatt konnte ich jedoch mit meiner Mini-Kombizange tatsächlich richten. Es ist wieder voll nutzbar. Bei der Kette mussten zwei Glieder ersetzt werden. Wie gut, das ich Ersatzglieder dabei hatte und einen guten Nietendrücker (Topeak).

Edit 07.09.2017 – Änderungen / Ergänzungen

Das lädierte Kettenblatt und die Kette habe ich ausgetauscht. Da möchte ich kein Risiko eingehen. Dabei wurden auch gleich die kleinen Lackschäden des Malheurs behoben.
Für den Ersatzteilfundus der Frankreichtour habe ich mir ein passendes Schaltauge (Typ 1) zugelegt, denn daran soll es im Fall der Fälle nicht scheitern.
Der Lenker hatte sich auf einer mehrtägigen Tour an der Ostsee wirklich gut bewährt aber der Backsweep von ca. 30° war mir zu groß. Ich habe ihn durch einen mit 3 cm Rise und 9° Backsweep ersetzt. Der ist noch einmal ein Stück besser. Der Lenkeraustausch war dabei eine gute Gelegenheit sicherheitshalber den Steuersatz zu überprüfen, zu säubern und neu zu fetten. Wenn schon, denn schon!
Für die anstehende Reise habe ich mir dann auch gleich noch einen Rückspiegel von Busch&Müller zugelegt. Ist zwar uncool, produziert aber mehr Sicherheit auf Frankreichs Straßen. Er wird jedoch erst bei Reisebeginn montiert.

Für die Befestigung meines Smartphones auf langer Tour glaube ich eine praktikable Lösung gefunden zu haben. Ich werde mir eine neue Lenkertasche zulegen und zwar eine Ortlieb Ultimate Classic mit einer Landkartenhülle. Die transparente Hülle kann bei Bedarf mein 8“ Tablet oder das Phone aufnehmen, die Bedienung ist dabei kein Problem. Das Phone wiederum steckt im Normalfall in einer Zefal Z-Console Fahrradhalterung. Das Teil hat eine extra Regenhülle aus Silikon, so dass man auch bei Regen navigieren kann. Wichtig ist für mich, dass ich das Phone schnell und einfach zum Fotografieren aus der Halterung nehmen und auch wieder hinein stecken kann.

Für den kleinen Trip so zwischendurch nutze ich jetzt das m.E. geniale „Finn“ von Bike-Citizens.
Zu dieser Thematik kommt noch ein extra Bericht.

5 Antworten auf „„Fresh Up“ meines Koga Miyata Traveller“

  1. Danke, Danke!
    Aber leider tauchten zunehmend größere Korrosionsstellen unter dem Lack auf, so dass ich den Rahmen jetzt doch pulvern lassen muss. Das lohnt sich aber auf alle Fälle, da von beeindruckender Fertigungsqualität. Werde darüber berichten.
    Bezüglich Lenker schick ich Dir eine Mail.

    Gruß – Hartmut

  2. Das sieht echt gut aus.

    Ich suche auch diesen Koga-Lenker mit den schönen Ledergriffen, da mein 90er Jahre Flex Vorbau dringend getaucht werden muss und der alte ITM Lenker nicht passen wird.

    Wurde der Lenker denn damals verkauft?

    Gruss

    Christian

  3. Hallo Dominik,
    danke, danke! 🙂
    Der Lenker steht mit den schönen Ledergriffen zum Verkauf. Sende einfach eine Mail an meine Adresse gem. Impressum. Ich meld mich dann in ca. zwei Wochen, da z.Z. in Norwegen auf Tour.
    Gruß – Hartmut

  4. Hallo,
    Gratulation zum Umbau! Steht der Lenker nun zum Verkauf? ?
    Habe das selbe Rad gebraucht gekauft in sehr schönem Zustand. Leider hat dem Vorbesitzer der Lenker auch nicht gefallen…

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