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Shelter für die Außenküche
Am Ende des Küchenblocks II und der Sitzkiste befinden sich ausklappbare Platten, die mir ermöglichen auch draußen zu Kochen und zu Braten. Bei längeren Standzeiten mit schönem Wetter oder unter der Sonne des Südens ganz sicher eine wunderbare Option.
Von oben ist dieser Kochplatz durch die Heckklappe ja einigermaßen gegen Regen geschützt, doch die Sonne knallt ungebremst durch das Heckfenster und von den Seiten hätten Wind und Regen freie Bahn. Insbesondere der Wind kann beim Kochen richtig lästig sein. Also musste etwas her, das hinreichend gegen diese Ärgernisse schützt. Ein Shelter!
Überlegungen zum Shelter
Für Fahrzeuge mit Heckklappe gibt es so genannte Heckzelte. Diese bieten dort einen geschützten Raum und dienen in der Hauptsache einer Erweiterung des Wohnraums. Diese Teile haben u.U. aber einige Nachteile. So muss z.B. auf die Nutzung der Standheizung verzichtet werden, wenn deren Abgasrohr, wie oft, zum Heck zeigt. Ungünstig bei kalter Witterung. Und aufgebaut lässt sich das Fahrzeug nicht abschließen. Bei mehreren Tagen Standzeit auf einem C-Platz mit diversen Ausflügen auch nicht so toll. Nicht auf allen C-Plätzen gibt es nur ehrliche Menschen. Und Schlafen bei geschlossener Heckklappe oder mit Air-Lock/Klappenaufsteller ist auch nicht möglich.
Es musste also etwas her, bei dem ich ruckzuck mit wenigen Handgriffen die Heckklappe schließen kann, das aber ebenso schnell wieder verfügbar ist und trotzdem genügend Schutz, insbesondere zum Kochen bietet.
Ein „Zelt light“, mehr ein leichter, klein verstaubarer Wetterschutz, ein „Shelter“ eben. Und auch wenn nicht als Erweiterung des Wohnraums gedacht, so bietet er ganz nebenbei auch noch einen Bereich mit Stehhöhe und Schutz der Privatsphäre.
Ich nähte mir also ein Shelter.
Design- und Nutzungsfragen
Die Montage meines Shelters ist denkbar einfach: Das Dachteil ist wie eine Tasche gearbeitet. Diese wird einfach mit Hilfe von Montageschlaufen links und rechts über die Heckklappe gezogen, Klappe nach oben drücken und das Dachteil mit Spanngummis in die Dachreling einhaken. Nun noch die Seitenteile mit Häringen ausstecken, fertig!
Simpel muss es sein, sicher und schnell. Beim Aufbau mit Klöterkram rumzuhökern oder aufwändiges Rumgefummel, insbesondere bei Schietwetter, dazu habe ich einfach keine Lust.
Die hintere Wand ist als Zugang links und rechts mit Reißverschüssen mit den Seitenteilen verbunden und kann teilweise geöffnet oder in Gänze nach oben gerollt werden. Beim Auf- und Abbau ist sie immer geschlossen.
Im oberen Bereich des Zugangs, dem höchsten unter der Heckklappe, sind zur Entlüftung zwei Streifen Moskito-Gaze eingenäht. Diese können gegen Regen abgedeckt werden.
Will ich mit Standheizung oder mit Air-Lock schlafen oder das Fahrzeug einfach nur verschließen, dann hake ich das Shelter an der Reling aus, ziehe es von der Heckklappe und lasse es auf dem Boden liegen. Sollte es dann z.B. durch Regen von außen nass werden, stört mich das nicht. Will ich es wieder nutzen, ziehe ich einfach das Dach über die Heckklappe und hake es an der Dachreling ein. Ich nenne das den „partiellen“ Ab- und Aufbau. Da das Abgasrohr meiner Standheizung frei liegt, kann ich diese nutzen. Bei Wind sollte dann allerdings das am Boden liegende Shelter beschwert werden.
Auf eine noch schnellere Möglichkeit kam ich durch Zufall. Beim ersten Check der Passform fiel mir die Klappe versehentlich zu und schlug im Bereich des Schlosses ein Loch in die Tasche. Ich machte aus der Not eine Tugend und nähte dort für den Wiederholungsfall einen Durchlass auf. Erst später kam ich darauf, dass ich jetzt einfach die Heckklappe ohne jegliche Abbaumaßnahmen schließen konnte. Dafür mussten nur die Befestigungen an der Dachreling elastisch mit Rundgummis gefertigt sein. Zur Wiedererweckung des Shelters wird dann nur nach die Heckklappe geöffnet. Meine Standheizung kann ich allerdings so nicht benutzen. Das Abgasrohr liegt nicht frei.
Die gleichzeitige Nutzung von Shelter und Tarp war eine zwingende Anforderung und ist problemlos möglich. Was mir besonders gefällt, ist die Modularität. Ich kann Tarp oder Shelter oder beides zusammen aufbauen.
Einziger, für mich jedoch verschmerzbarer Wermutstropfen: Das Fahrzeug darf zwischendurch nicht bewegt werden. Es wieder exakt auf den selben Platz zu stellen, wäre kaum möglich. Ein Neuaufbau des Shelters würde erforderlich werden.
Edit No. 1 vom 25.07.2021:
Tunnelblick oder den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen! Ich hatte mich so sehr mit der Zugangfrage beschäftigt, dass ich, als ich endlich die für mich optimale Lösung gefunden hatte, etwas naheliegendes einfach übersah.
Meiner guten Freundin Claudi fiel es jedoch gleich auf. Sie störte, dass jemand ungesehen und unbemerkt durch den geöffneten Zugang ins Shelter gelangen könnte während ich gemütlich unter dem Tarp sitzend mein Abendbier genieße. Ihr genialer Vorschlag: Bei geeigneter Windrichtung einfach die rechte Seitenwand des Shelter hoch klappen. Dafür den linken RV schließen und den rechten hochziehen. Die rechte untere Ecke der Seitenwand an der linken Aufstellstange des Tarps befestigen, die linke mit einer extra Tarpstange aufstellen. Das wars dann schon.
Vorteil: Das Sichtproblem ist gelöst, das Tarp wird um fast 140 cm breiter und ich habe einen geschützten Zugang zur Küche.
Soooo einfach und so offensichtlich. Da hätte ich doch eigentlich auch drauf kommen können, ja müssen!
Am Shelter musste ich nur an geeigneter Stelle Zugentlastungen für den rechten RV nähen und eine Befestigung der für die rechte untere Ecke an der Tarpstange fertigen. Letztere nutzt die dort befindliche Steckschnalle (female) und wird am anderen Ende einfach über den Dorn der Aufstellstange geschoben.
Ich habe das Ganze allerings erst einmal noch ohne Zugentlastungen getestet um zu sehen, ob es überhaupt und dann wie gedacht funktioniert. Es funktionierte!
Das zwischen den beiden Dachflächen aufgrund der Spannung ein schmaler Schlitz bleibt, stört mich nicht,
Edit No. 2 vom 25.07.2021:
Bei normalem Regen stellt die Lücke zwischen Heckklappe und Dach kein Problem dar. Doch die letzten Starkregenereignisse haben mich nachdenklich werden lassen und ich wollte mehr Sicherheit. Also nähte ich noch eine Verlängerung an das Ende des Shelterdachs, quasi als „Dachrinne“.
Konstruktion und Fertigung
Mein Material, beschichtetes Ripstop-Nylon, ist zwar sehr stabil, aber trotzdem leicht und lässt sich klein verpacken. Silikonisiertes Nylon würde ich nicht empfehlen. Es franst leicht aus und müsste daher mit deutlich aufwändigeren doppelten Kappnähte genäht werden.
Die Heckklappe ist bewusst in voller Fläche bedeckt. Es kommt noch genug Licht durch Fenster und Stoff, die Sonneneinstrahlung wird jedoch spürbar gemindert.
Die Wände sind im hinteren Teil unten leicht nach hinten und aussen gezogen. Optisch finde ich diese dezente „Pagodenform“ etwas ansprechender als stumpf nach unten hängende Wände. Bei vielen Heckzelten zum kaufen ist die hintere Wand deutlich stärker nach hinten ausgezogen. Drauf habe ich bewußt verzichtet.
So habe ich die volle Stoffbreite genutzt, aber nicht mehr. Ein mehr hätte auch einen deutlichen Mehraufwand an Material bedeutet. Eine ausgeprägtere Schräge hätte zudem eine größere Angriffsfläche für Wind nach sich gezogen. Bei einer Hecklappe, die nur von Dämpfern in Position gehalten wird, m.E. keine gute Idee. Und letztlich ist die Nutzbarkeit des Raums unter ausgeprägten Schrägen meist nicht optimal.
Alle Teile sind mit einfachen Kappnähten zusammen genäht. Alle Kanten sind 1,5 cm gesäumt.
Die Nähte werde ich beim ersten Einsatz von außen mit SeamGrip o.ä. versiegeln. Das Zeug verdünne ich immer mit Spriritus und trage es mit einem kleinen Borstenpinsel auf die Naht auf. Warum von außen? Weil die Nässe erst in den Shelter lassen und dann erst dort aufhalten nicht schlau ist! Außerdem sind Kappnähte von außen deutlich leichter und besser abdichtbar.
Bei silikonisierten Stoffen muss man eine Abdichtung auf Silikonbasis, wie z.B. SilNet verwenden. Anderes haftet nicht vernünftig. Hier mit Waschbenzin verdünnen und analog auftragen.
Alle Befestigungspunkte sind mit Gurtbandschlaufen ausgeführt. An den vier Ecken sind auf halber Höhe Schlaufen für Sturmleinen eingenäht. Bei richtig Wind kann es schon mal erheblichen Druck auf die Wände des Shelters geben.
Tricky: Maße abnehmen und danach Zuschneiden
Darüber musste ich tatsächlich einige Zeit nachdenken. Wie sollte ich bloß zu einem akzeptablen Schnitt kommen? Wegen der vielen Rundungen und Winkel schienen mir die herkömmlichen Vorgehensweisen wenig Erfolg versprechend. Einfaches Ausmessen schon gar nicht! Letztlich fand ich einen Weg.
Ich befestigte einfach das Ripstop mit starken Neodym-Magneten an der Karosserie, nahm dort die erforderlichen Maße direkt ab und markierte sie und wichtige Linien/Punkte mit Schneiderkreide oder Stecknadeln direkt auf dem Stoff.
Mein Shelter besteht folgenden Hauptteilen:
1 Dach,
1 Innentasche Dach,
2 Seitenteilen,
1 hintere Wand als Zugang und
2 Abdeckungen für die Moskitostreifen.
Beim Dach legte ich das Ripstop einfach auf die geöffnete Klappe, dass es vorn gleichmäßig über die hinteren Enden der Dachreling zeigte und an den restlichen Seiten ein paar Zentimeter herunter hing. Dann zog ich es so gut es ging glatt und fixierte es mit Neodyms. Der Stoff musste gefühlvoll über die Klappenkanten gestrafft werden und selbige konnten dann an den Seiten und unten mit Schneiderkreide markiert werden.
Wieder abgenommen markierte ich aussen herum mit einer zweiten Linie eine 1,5 cm Nahtzugabe. Warum 1,5 cm wenn ich später nur mit 1 cm Nahtzugabe nähe? Einfach deshalb, um später etwas „Spiel“ bei der Montage zu haben!
Dann konnte der Zuschnitt erfolgen.
Zum Abnehmen der „Tasche“ befestigte ich einen entsprechenden Stoffstreifen unter dem unteren Klappenende, fixierte ihn mit Neodyms oben auf der Klappe und zog ihn schön straff. Wieder Kanten markiert, diesmal 1 cm Nahtzugabe markiert und zugeschnitten. Wegen der Dicke der Heckklappe genügte einfaches Abnehmen vom bereits zugeschnittenen Dachteil nicht.
Zu den Seitenteilen. Zunächst zog ich das bereits zusammen genähte Dach wieder über die Heckklappe und fixierte es mit Neodyms nahe den Relings.
Dann habe ich einfach an einer Seite den Stoff für ein Seitenteil mit Neodyms an die Heckklappe gehängt. Beim Ausrichten sollte die vordere Kante an der Karosserie senkrecht nach unten fallen und oben genau mit der vorderen Kante des Daches abschließen. Den senkrechten Fall stellte ich mit einem einfachen Lot sicher.
Oben markierte ich nun wieder die Kante der Kofferraumklappe mit Schneiderkreide und die untere Kante mit Nadeln. Der Stoff sollte gerade den Boden berühren. Nach dem Säumen ergibt dann wie gewünscht eine gute Daumenbreite breit Abstand zum Boden. Die spätere hintere Kante des Seitenteils wird von der Ecke der Heckklappe leicht schräg bis an den abgesteckten Saum an der hinteren Webkante verlaufen.
Wieder abgenommen markierte ich die obere Kante wieder 1 cm Nahtzugabe, zeichnete die Hinterkante mit 1 cm Nahtzugabe an und schnitt das Seitenteil zu. Dieses Teil konte ich dann (Spiegelverkehrt wegen Beschichtung!) als Vorlage für das zweite Seitenteil verwenden.
Nachdem diese Teile alle zugeschnitten und zusammengenäht waren wurde der nun entstandene „Rohbau“ erneut für die Abnahme der Maße des Zugangs montiert. Der Zugang sollte später die Form eines Trapezes unter volle Ausnutzung der Stoffbreite von 155 cm an der unteren Kante haben.
Auf dem Stoff markierte ich über die volle Länge die Mitte, ebenso an der Heckklappe und an der Hinterkante des Dachs.
Nun befestigte ich den Stoff Mitte auf Mitte auf der Heckklappe und richtete die Bahn dank der Mittenmarkierungen exakt mit dem Lot aus. Dann markierte ich wieder die Klappenkante auf dem Stoff und insbesondere exakt die oberen Endpunkte für die Seiten (Nahtzugaben!). Die unteren ergeben sich aus der Länge der RV (auch hier Nahtzugabe!). Oben wieder mit 1 cm Nahtzugabe markieren, die Seiten anhand der Endpunkte markieren und zuschneiden.
Die untere Kante wird erst nach weitgehener Fertigstellung zugeschnitten und dann gleich gesäumt.
Die Moskitogaze schnitt ich entsprechend der gewünschten Länge und Breite zu, nähte mittig einen Entlastungsstreifen ein und fasste das Ganze seitlich mit Ripstop ein. Der bündige Seitenzuschnitt würde erst nach dem Einnähen der Gaze erfolgen.
Die Abdeckungen richteten sich nach der Größe der Moskitogaze. Ich musste nur die Zugaben für Säume und Flauschband bedenken.
Nähprozess
- Oberkante der inneren „Tasche“ 1,5 cm säumen
- „Tasche“ und Dach mit 0,75 cm Nahtzugabe zusammen steppen (macht diese Naht im weiteren beim Annähen der Seitenteile unsichtbar)
- Passform überprüfen
- Schlossdurchlass ermitteln
- Schlossduchlass aufnähen
- Montage schlaufen an Tasche annähen
- Seitenteile untere Kanten 1,5 cm säumen
- RVs an hinterer Kante Seitenteile annähen (an den Enden ca. 8 cm Überstände)
- Seitenteile mit einfacher Kappnaht 1 cm Nahtzugabe an das Dach nähen
- Passform überprüfen
- vordere Kante (an der Karosserie) aller 3 Teile 1,5 cm säumen
- Schlaufen annähen (Dach: Befestigung Reling 2, Seitenteile je: Hälfte vordere Kante 1, untere Kante 3, Hälfte hintere Kante 1)
- in Zugang Moskito-Gaze einnähen
- unterhalb Klett für Verschluss annähen
- Abdeckung anfertigen
- Innenseite Abdeckungen Seitenunten Flauschband für Verschluss aufnähen
- Innenseite Abdeckungen Flauschband zum Fixieren annähen
- Abdeckung aufnähen
- Auf Zugang oberhalb Moskitonetz Klett für Fixierung Abdeckung aufnähen
- Zugang untere Kante RV-Ende + 4 cm für Saum abschneiden
- Zugang Kante unten 2 cm säumen
- Zugang an RVs annähen (Wichtig für vernähen RV: erst an RV, dann an Dach!)
- Zugang an Dach mit einfacher Kappnaht 1 cm Nahtzugabe annähen (genau mittig!)
- RVs mit Dach vernähen (der einzige etwas schwierigere Arbeitsschritt!)
- Überstände an den Enden abschneiden und Schnitte, Verschweißen
- Zugang innen oben 3 Gurtband Steckschnalle male zum Fixieren Zugang annähen
- Zugang außen oben 3 Gurtband Steckschnalle female zum Fixieren Zugang annähen
- Zugang Kante unten 2 Schlaufen annähen
- Zwischen die vorderen unteren Ecken Gurtband mit Steckschnalle als Montagehilfe nähen
- Zipper-Verlängerungen anbringen
- Haken für die Relingbefestigung fertigen
- Befestigung Dachreling anbringen
- Nähte am sauber aufgebauten Shelter abdichten (Papier unterlegen!)
- Leinen anfertigen
- Packsack Shelter nähen
- Packsack Zubehör nähen
Material:
– 9 Meter Ripstop-Nylon für 63 €
– 2 C5-Reißverschlüsse, 250 cm, teilbar, Doppelschieber 18 €
– einige Meter Gurtband und etwas Kleinkram
Insgesamt hat mich das Shelter ca. 90 € und einige Stunden Näharbeit gekostet.
Einzige größere Arbeit, die es noch zu erledigen gibt: Die Nähte müssen noch abgedichtet werden. Das werde ich dann beim ersten Realeinsatz erledigen.
Haftungsausschluss & Copyright
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