Inhalt
- Sonntag, 20.05. – Le Salin de Giraud
- Samstag, 19.05. – Arles – Le Salin de Giraud
- Freitag, 18.05. – Arles
- Donnerstag, 17.05. – Avignon – Arles, 46 km
- Mittwoch, 16.05. – Avignon
- Dienstag, 15.05. – Pont Saint Esprit – Avignon, 56 km
- Montag, 14.05. – St. Just
- Sonntag, 13.05. – St. Just
- Samstag, 12.05. – Malataverne (Aire naturelle Le Moulinas) – St. Just (Ardeche), 42 km
- Freitag, 11.05. – Charmes-sur-Rhône – Malataverne (Aire naturelle Le Moulinas)
- Donnerstag, 10.05. – Charmes-sur-Rhône
- Mittwoch, 09.05. – Gigny-sur-Saone – Charmes-sur-Rhône, 24 km
- Dienstag, 08.05. – Gergy – Gigny-sur-Saone
- Montag 07.05. – Seurre – Gergy, 47 km
- 06.05. – Saint Jean de Losne – Ruhetag
- Samstag, 05.05. – Osselle – Saint Jean de Losne, 64 km
- Freitag, 04.05. – Besancon – Osselle, 35 km
- Donnerstag, 03.05. – L’Isle sur le Doubs – Besancon, 62 km
- Mittwoch, 02.05. – Ruhtag in L’Isle sur le Doubs
- Dienstag, 01.05. – Montreux-Château – L’Isle-sur-le-Doubs, 46 km
- Montags, 30.04. – Mulhouse – Montreux-Château, 34 km
- Sonntag, 29.04. – Mulhouse
- Samstag, 28.04. – Mulhouse
- Freitag, 27.04. – Basel – Mulhouse, 44 km
- Donnerstag, 26.04. – Anfahrt Basel
Endlich sind Claudia und ich auf dem Weg! Unser Traum, mit dem Fahrrad, viel Zeit und Muße im Gepäck durch Frankreich zu reisen, wurde vor ein paar Tagen Wirklichkeit. Nun sind wir schon einige Tage unterwegs und ab jetzt führe ich ein kleines Reisejournal, immer wieder ergänzt mit ein paar Fotos und anderen Infos. Die Einträge werden in kürzeren Abständen hier im Blog veröffentlicht, damit die daheim Gebliebenen uns zumindest in ihrer Phantasie begleiten können.
Die neuesten Artikel stehen immer oben.
Etliche der Fotos stammen von Claudia, der ich für die Erlaubnis ihrer Nutzung danke.
Hier geht es zum zweiten Teil des Berichts, von der Camargue zum Atlantik.
Sonntag, 20.05. – Le Salin de Giraud
Lange gepennt, gefaulenzt, gebadet … ,
so könnte man kurz unseren Ruhetag in Le Salin beschreiben aber ganz so simpel wars dann doch nicht.
Es war schon recht fortgeschrittener Vormittag, als wir uns nach ausgedehntem Frühstück mit ebensolchem Frühstücksschwatz auf den 10 km langen Weg machten.
Auf der einzigen schmalen Straße war noch recht wenig Betrieb und so ging es recht flott durch die noch morgendliche Kühle, wieder mit diesen intensiven Gerüchen nach Blüten, Sumpf und Koniferen. Eine der Salinen vermittelte uns einen guten Eindruck, wie hier das berühmte “Fleur de Sel“ gwonnen wird.
Am Strand waren zwar schon etliche Fahrzeuge und Menschen, aber noch reichlich Platz. Wir suchten uns ein passendes Eckchen und tauften dann unsere Räder mit Mittelmeerwasser da Claudia Stein und Bein darauf schwor, dass das so gemacht werden müsse. Schleifende Felgenbremsen waren die Folge. Dann kam unser eigenes Bad im herrlich erfrischendem Wasser. Wunderbar!
Wir dösten dann den Tag so vor uns hin, badeten immer mal wieder – inzwischen wars zum erbarmen heiß und schattenlos – sprachen über Gott und die Welt und beobachteten entspannt gelangweilt das zunehmend rege Strandleben um uns herum. Dabei kam mir immer wieder Chris Rea’s “On the Beach“ in den Sinn. Der Song beschreibt die Atmosphäre perfekt.
Inzwischen war die Karawane der sich auf den Strand zu wälzenden Fahrzeuge endlos geworden. Ein Zug der Lemminge. Ein langer, heißer Strandtag!
Am späten Nachmittag fuhren wir zurück. Es war ein guter Tag. So hatten wir uns unsere Ankunft am Mittelmeer gewünscht. Und nun waren wir da und damit das am ersten großen Teilziel unserer Reise. Der Bericht wird im zweiten Teil “Von der Camargue zum Atlantik“ fortgesetzt.
Samstag, 19.05. – Arles – Le Salin de Giraud
Wir sind in der Camargue! Irgendwie können wir es noch gar nicht realisieren, dass wir nun nach drei Wochen Radreisens hier sind.
Heute morgen waren wir schon früh auf und gegen 08.00 Uhr passierten wir die Stadtgrenze und damit die zur Camargue. Dabei hatten wir richtig Glück. Nachdem wir sozusagen als Morgengabe den Stadthügel bewältigt hatten wurde unsere Straße zum Markt – zum Glück erst im Aufbau denn später wären wir nicht mehr
durchgekommen. Dieser Markt ist riesig und es muss eine wahre Lust sein, über ihn zu schlendern und mit allen Sinnen zu genießen. Wir aber mussten bedauernd an den sich abzeichnenden Verlockungen vorbei radeln, überquerten unsere letzte -Juhu! – Rhônebrücke und verschwanden fast unbemerkt im weiten, flachen Land.
Es war noch nicht viel Verkehr und so spulten wir die ersten Kilometer auf der
nach Le Salin führende Departementstraße ab, von der wir nach einiger Zeit immer dem V17 folgend auf eine kleinere Nebenstraße Richtung Étang Vaccarès abbogen.
Es war ein gutes Stück dorthin und der recht einsame Weg führte unspektakulär durch Acker und Weideland. Am Étang machte wir Rast und genossen die Weite und Stille des Sees. Langsam kam die Hitze übers Land und mit ihr das, was wir
an diesem Tag am meisten einsaugten: Der vielfältige und herrliche Duft der Camargue! Mal roch es nach Salzwasser, dann wieder nach den unterschiedlichsten Blüten. Ein Fest sogar für meine ungeübte Nase!
Als wir wieder weiter fuhren überholte uns ein großer Reisebus mit Anhänger und Schweizer Kennzeichen. Ob das wohl die Abholmannschaft für unsere Schweizer Gruppe aus Avignon war?
Langsam wurde es richtig heiß und das Fahren über die scheinbar endlosen Straßen mühsamer. Ich sah Flamingos, die Stiere und die weißen Pferde der Camargue, allerdings schön artig auf entsprechenden Koppeln. Ich sah die sich auch hier ausbreitende Bambuspest, die man sich hier wohl leichtsinnigerweise als Windschutz selbst auf den Hals geholt hat und sah endlich Le Salin.
Claudia war schon vor einiger Zeit vorweg
gedüst, hatte uns eingecheckt und den einzigen Zeltplatz mit Schatten spendendem Baum gesichert. Sogar einen Tisch und zwei Stühle hatte sie vom Betreiber bekommen. Perfekt! Sie ist schon eine klasse Partnerin.
Zum Platz muss man sagen, dass es sich noch im Aufbau befindet und sicherlich mal eine tolle Anlage wird. Was benötigt wird ist da und insbesondere das Waschhaus ist einfach chic – allerdings noch nicht optimal belüftet. Besonders erwähnenswert ist aber sehr freundliche und hilfsbereite Personal. Ganz außergewöhnlich!
Morgen werden wir von hier einen Ausflug ans Mittelmeer machen.
Freitag, 18.05. – Arles
Was für ein herrlicher Tag! Wir hatten ihn in Arles zugebracht und waren begeistert. Dabei wären wir beinahe einfach schnöde vorbei gefahren, denn Claudia zog es mit Macht zum Meer. Doch schließlich gab sie meinem innigen Wunsch nach (wenn ich nicht nur meinen Dackelblick aufsetze sondern dann auch noch meinen Augen einen Ausdruck tiefster Traurigkeit verleihe, gibt sie meist auf) und wir haben es nicht bereut! Claudia hatte danach die Größe zuzugeben, dass es ein Fehler gewesen wäre, nicht zu bleiben. Chapeau! Doch von vorn, denn der Tag begann nicht sonderlich vielversprechend.
In der Nacht hatte sich Claudias Exped-Matte mit lautem “Plopp“ delaminiert so dass sie für den Rest der Nacht die Wahl hatte, halbwegs auf dem harten Boden oder auf einem Kamelrücken zu schlafen. Beides war nicht geeignet, Frohsinn bei ihr zu fördern. Also marschierten wir am nächsten Morgen in aller Frühe zum nächsten der allgegenwärtigen Decathlons und tatsächlich, sie fand eine geeignete Matte. Happy, happy! Der
schlimmste Druck war erst einmal aus dem Kessel.
Dann stiegen wir im Sinne des Wortes die Altstadt hinauf. Die Römer hatten nämlich geschickter Weise Arles auf der einzigen flutsicheren Erhebung weit und breit im beginnenden platten Rhônedelta gebaut. Und fast zwangsläufig landeten wir bei der Attraktion Arles, der Römischen Arena! Die besichtigten wir natürlich ausführlich.
Danach wanderten wir kreuz und quer durch die winkeligen Gassen, lauschige Ecken, gönnten uns ein gefülltes Crêpe hier und stöberten in Geschäften. Avignon war prima aber doch schon sehr geschäftig und auf das hektische Geschäft mit den Touris ausgerichtet. Arles empfanden wir ganz anders: Südländischer und entspannter. Ein Ort an dem wir uns gleich wohl fühlten. Kurz: Vor die Wahl gestellt würden wir beide uns für Arles entscheiden. Es hat noch soviel vom südfranzösischem Charme bereits vergangener Zeiten, den wir uns zu finden gehofft hatten und
wir wurden nicht enttäuscht.
Gegen Nachmittag wurden die Füße schwer und wir “mieteten“ uns für einen Orangensaft und eine Flasche Wasser einen Platz in einem Restaurant unter schattigen Platanen. Die leicht dösige Ruhe währte kurz. Ein richtiggehender Schwarm Asiaten (ich: Japaner, Claudia: Chinesen) fiel in unsere schattige Insel der
Glückseligkeit ein. Sie waren laut wie ein Heuschreckenschwarm, schwirrten überall herum und waren insgesamt recht rücksichtslos. Wir waren froh, als sie nach schier endlos scheinender Zeit endlich verschwanden. Derartige Reisegruppen sind eine echte Heimsuchung!
Aber auch wir brachen bald auf, ergänzten noch in einem kleinen von uns entdeckten
Utile-Markt unsere Vorräte und pilgerten zurück zu unserem Campingplatz. Es war ein schöner Tag!
Frisch geduscht gönnten wir uns im Platzrestaurant noch eine ausgezeichnete Pizza und verschwanden bald in den Zelten. Morgen sollte es in aller Frühe in die Camargue gehen. Wegen der Hitze und weil bis Mittag Nordwind, also
Rückenwind herrschen sollte. Auf was man bei Radreisetouren doch so achtet!
Donnerstag, 17.05. – Avignon – Arles, 46 km
Nach dem herrlichen aber doch anstrengendem “Ruhetag“ in Avignon waren wir heute auf unserer vorletzten Etappe zum Mittelmeer, die uns bis Arles führte. In der Frühe verabschiedeten wir uns von der ca. 30-köpfigen, toughen Schülergruppe aus Zürich. Die hatten die ganze Strecke bisher im Schnitt mit 120 km Tagesetappen – wenn auch ohne Gepäck – zurück gelegt. Respekt!
Wir wichen in großen Teilen von der neuen offiziellen Wegführung der Via Rhôna ab, da uns die neue nicht so recht zusagte. In Tarascon machten wir in Sichtweite der gewaltigen Burg Rast. Das Teil ist absolut beeindruckend, auch bezüglich seines fantastisch guten Erhaltungszustandes. Hinter Tarascon fuhren wir nur noch auf kleinen Departementstraßen und erreichten unseren Zeltplatz “Camping City“ zur Mitte des Nachmittags. Der Platz
ist nicht toll aber halbwegs ordentlich, hat jedoch den Vorteil, dass man zu Fuß die Altstadt erreichen kann.
Insgesamt habe ich jetzt das Gefühl, wirklich im Süden angekommen zu sein. Die Pinien und Akazien überall, die in der Mittagshitze flirrende Felder und vor allem der unbeschreibliche Geruch des Südens nach Sommer, Kräutern und vor allem Pinien.
Mittwoch, 16.05. – Avignon
Für Avignon sollte man sich einen Tag Zeitnehmen. Also schipperten wir am späten Vormittag mit der kleinen Personenfähre hinüber zur Altstadt. Die Fähre ist übrigens gratis und nimmt auch Fahrräder mit. Dann bummelten wir durch winkelige Gässchen zum Papstpalast hinauf. Dabei kamen wir an zwei wundervollen Läden vorbei: Einem für Seifen aller Art und einem für Tischtücher
und den für diese Gegend bekannten Baumwolldruckstoffen erster Qualität. Claudia war sofort hin und weg und ich gebs ja zu, auch ich war begeistert. Dieses Kaleidoskop an Düften und die strahlenden Farben der Drucke, einfach toll! Es gab jedoch ein kleines Problem: Claudia wollte die Sachen für ihre Lieben in einem Paket nach Hause schicken und wir standen erst am Anfang unserer
Sightseeing-Tour. Also kaufte sie zunächst nur Stoff für die eine Tochter und eine Tischdecke. Die schwere Seife wollte sie nicht durch den Papstpalast schleppen und sowieso würde sie die auch noch woanders bekommen. Nun ja …
Der Papstpalast ist wirklich sehenswert und sollte keinesfalls ausgelassen werden. Durch so ein ehemaliges Zentrum der gewaltiger Macht zu wandern ist schon ein eigenartiges Gefühl. Toll ist auch die
eingesetzt Technik. Jeder Besucher erhält ein spezielles Tablet mit Kopfhörer. Damit bekommt er jede Menge Infos und kann sich vor allem ein Bild machen, wie die Räumlichkeiten zur Zeit der Päpste aussahen. Das ist wirklich klasse gemacht.
Auf unserem weiteren Stadtbummel fand sich kein Seifengeschäft mehr und das Paket ging ohne Seife für stolze 25 € Porto nach Deutschland. Zu Mittag gabs gebratene Ente und ein herrliches Eis. Auf dem
Rückweg kamen wir dann wieder an besagtem Seifenladen und diesmal war kein Zögern mehr: Diverse Mitbringsel würden jetzt halt einige Zeit in einer Packtasche mitreisen.
Zum Campingplatz vielleicht noch ein kurzes Wort. Die Lage ist super günstig und schlecht ist er auch nicht, aber vier Sterne hat er nach unserer Meinung nicht. Mit 10 € fand ich ihn nicht zu teuer, Claudia schon. Was aber nach unserer Meinung
überhaupt nicht geht, sind die Abzockpreise für Internet. Die sind in der Höhe (s. Foto) keinesfalls zeitgemäß und für einen Platz mit 4-Sterne-Niveauanspruch sowieso no-go!
Anmerkung: Später lernte ich in dieser Beziehung noch ganz anderes kennen. Dagegen waren die Preise geradezu human.
Dienstag, 15.05. – Pont Saint Esprit – Avignon, 56 km
Endlich, endlich klarte es auf. Wir ließen uns Zeit, frühstückten gemütlich und konnten fast trocken einpacken. Um 10.40 Uhr rollten wir.
Zunächst waren erst einmal die ca. 1,5 Kilometer Steigung vor St. Esprit zu bewältigen. Ich war sie am Vortag zum Lidl hinauf gefahren und konnte sie einigermaßen einschätzen, Claudia hatte jedoch ziemlichen Respekt. Letztlich gings
besser als befürchtet denn ein zunächst kräftiger Wind aus Nord half und schob uns spürbar.
Der Weg war wieder wie die Tage zuvor: Schön und abwechselungsreich. Allerdings scheint die Wegqualität davon abhängig, in welchem Departement man sich gerade befindet. Da waren wir verwöhnt. In den letzten beiden war es nicht mehr so perfekt wie zuvor. Der V17 bietet zuweilen Varianten auf beiden
Ufern. Wir wählten jeweils diejenige, welche die wenigsten Steigungen verhieß. Was jedoch zunehmend nervte, waren die immer wiederkehrenden Querungen der Rhône auf ihren teils recht speziellen Brücken. Sie sind zuweilen sehr schmal, oder sehr lang, oder mit heftigem Verkehr, oder mit ausgeprägter Bogensteigung, oder ohne Fahradweg, oder mit sauschlechtem Fahradweg, oder auch alles zusammen. Und wenn der Mistral so richtig heftig von der Seite blies, dann war auch schon mal schieben angesagt,
Tja, und in Roquemaure tauchte ich schließlich auf der Suche nach einer angeblich dort vorhandenen Einkaufsmöglichkeit leichtfertig in die labyrinthischen Altstadtgassen ein und verscholl fast. Eine Mausefalle! Ohne GPS hätte es wohl ein Weilchen länger zurück auf den V17 gebraucht.
Am Weg auch immer wieder Pflanzungen mit allen möglichen Früchten, die hier schon deutlich weiter als in Deutschland waren oder gar nicht dort angebaut werden. Feigen, die schon dicke Fruchtstände hatten, Kirschen auf denen erstes Rot leuchtete, Kiwis, Oliven und Wein, Wein, Wein.
Der inzwischen recht heftige Mistral schoss uns förmlich nach Avignon. Auf der letzten Brücke hatten wir selbst beim Schieben der Räder leichte Probleme! Nach ungefähr drei Stunden reine Fahrzeit erreichten wir schließlich den Campingplatz “Le Pont d’Avignon“. Der Name ist Programm und so hatten wir von der Zeltwiese Blick auf den Papstpalast und die berühmte Brückenruine.
Montag, 14.05. – St. Just
Regen, die zweite! Der reichliche Segen kam weiter von oben und gegen Mittag beschlossen wir, noch einen Tag zu bleiben, denn auch die Zugverbindungen nach Avignon waren wegen der Streiks sehr unsicher. Der Wirt des Campingplatzes berichtete von ca. 30 cm Schnee hoch oben an der Ardèche. Am frühen Nachmittag hörte es dann endlich auf und ein paar mal blinzelte sogar die Sonne durch die Wolken. Das nette junge Paar war übrigens im Regen weiter nach Avignon gefahren. So was machen wir nur, wenns unbedingt sein muss.
Morgen soll das Wetter deutlich besser werden und mit Rückenwind. Schaun mer mal …
Sonntag, 13.05. – St. Just
Regen, Regen, Regen! In der Nacht weckte er mich mit einem heftigen Trommelwirbel aufs Zeltdach. Es pladderte derart, dass ich zur Sicherheit mit der Lampe einen kurzen Zeltcheck machte.
Alles ok! Ich drehte mich also um, kuschelte mich ein und schlief weiter. Immer, wenn ich kurz aufwachte, hörte ich es prasseln und so ging es weiter und weiter bis zum späten Nachmittag. So schnell kann man zu einem Ruhetag kommen. Hatten wir uns gestern noch ein wenig geziert – der Gedanke Ruhetag kam uns durchaus aufgrund unserer etwas mangelnden Performance – nahm uns jetzt das Wetter die Entscheidung ab.
Wir durften sogar unter der überdachten Terrasse des Restaurants frühstücken und lernten dort ein nettes Paar vom Bodensee kennen. Sie wollten per Rad nach Marseille. Ich liebe diese Plaudereien über das Woher? und Wohin?. Irgendwann wurde es jedoch zu kalt und es ging zurück in die Zelte bis der Regen aufhörte.
Wenn schon abwettern, dann hätte es uns allerdings kaum besser treffen können, als auf “La Plage“.
Samstag, 12.05. – Malataverne (Aire naturelle Le Moulinas) – St. Just (Ardeche), 42 km
Heute zahlten wir den Preis für die gestrige Anstrengung. Schwere Beine, es wollte nicht so recht laufen und dazu noch Gegenwind. Aber heute sollte es zum Glück ja nur ein kleiner Schlag nach Lapalud werden, bevor wir morgen Avignon erreichen wollten.
Trotzdem war ich immer wieder begeistert, wenn ich durch die Uferbäume immer wieder die Rhône mit ihren teils mächtigen Felsformationen am jenseitigen Ufer erblickte. Doch, was soll ich sagen? Der Campingplatz in Lapalud war geschlossen! Na wunderbar! Unser Müdigkeitslevel steigerte sich schlagartig um 100 %.
Im Schatten der gewaltigen Bäume der mächtigen Platanenallee des Ortes hielten wir erst einmal Kriegsrat.
Wir beschlossen, auf einen der drei Campings von St. Just, etwas nördlich von Pont-Saint-Esprit, zu fahren. Einer davon sollte doch wohl sicher das anscheinend große Campingplatz-Sterben in Südfrankreich überlebt haben. Außerdem traute Claudia den beiden südlich von Lapalud gelegenen Plätzen nicht mehr so recht – und auf ihr Bauchgefühl war meist Verlass.
So gegen 16.00 Uhr erreichten wir Pont-Saint-Esprit, kauften im Casino-Marché ein – gibts in Frankreich eigentlich kein Chilli? – und rollten kurze Zeit später scheinbar endlos bis zum Campingplatz La Plage bergab. Welch Genuss!
Zum Abendessen schwelgte ich in reichlichen auf dem Trangia gebratenen Hähnchenteilen in Paprikamarinade mit einer Riesenportion Salat. Welche Seeligkeit!
Der Tag klang dann noch mit ein wenig Träumerei am Strand der nahen Ardèche aus, bis uns erste dicke Regentropfen in die Zelte trieben. Irgendwie war doch noch alles gut geworden. Gute Nacht!
Freitag, 11.05. – Charmes-sur-Rhône – Malataverne (Aire naturelle Le Moulinas)
Der Start in Charmes war vielversprechend und es schien, als erwartete uns ein Tag mit Höhepunkten. Mit Sonnenschein und Rückenwind gings locker auf einer erstklassig hergerichteten Via Rhôna durch einfach nur schöne Landschaft weiter nach Süden. Tagesziel sollte Chateuneuf-sur-Rhône mit seinem Campingplatz sein.
Die erste Höhepunkt des Tages wartete in
Le Pousin auf uns: Es war Markt und die Lebensmittel der Region die reinste Versuchung. Letztlich blieb es aber nur bei frischen Erdbeeren aus der und einem ganz tollen Käse. In Le Pousin teilt sich die Via Rhôna. Wir wählten den Weg am rechten Ufer, denn der andere würde später diverse Höhenmeter bereit halten, die nicht so unser Ding waren.
Ein paar Kilometer hinter Le Pousin kamen wir zu einem kleinen, halb verlassenen Dorf am Rhôneufer, ich glaube, es hieß Baix, wo die Via plötzlich durch die engen, winkeligen Gassen geführt wird. Total malerisch und einfach pittoresk.
Unter zwei riesigen Platanen machten wir Rast und genossen den Moment. Das war der zweite Höhepunkt.
Als dritten “Höhepunkt“ umfuhren wir bei Cruas das dortige AKW. Auf einem der riesigen Kühltürme hatte man ein ebenso großes am Strand mit einer Muschel spielendes Kind gemalt. Sehr eigenartig! Es zeugt vom doch etwas anderen Verständnis der Atomkraft hierzulande.
Weiter gings auf endlosen, exponierten Dammkronen. Zwischenzeitlich hatte der Wind wie vorhergesagt auf Süd gedreht und die Fahrt wurde zu Plackerei. Endlich kamen wir in Chateuneuf-sur-Rhône an, ackerten uns noch den Ort hoch – und mussten feststellen, das der angekündigte Campingplatz dicht hatte. Deutlich lange Gesichter bei uns, denn die letzten Körner waren so ziemlich aufgebraucht. Einzige
greifbare Alternative war der relativ nahe Campingplatz bei Malataverne. Also weitere Kilometer und diverse Höhenmeter. Und dann waren wir da, aber wo war der Campingplatz? Wir sahen nur ein relativ baufälliges Haus mit ein paar Schildern, die auf einen Campingplatz hinwiesen, dass ganze leblos und verkommen mit eingedetschter Eingangstür. Der vierte und
niederschmetterndste Höhepunkt. Wir waren platt. Und doch fügte sich alles noch zum Guten. Eine Frau erschien mit ihrem Auto, telefonierte die Wirtin herbei und wir checkten in einer Rumpelkammer von Rezeption für ein Spottgeld ein. Dann führte uns die übrigens sehr charmante Chefin persönlich zum etwas versteckt liegenden Platz von enormer Größe. Wir waren wohl die einzigen Gäste. Der Platz
war genau so herunter gekommen wie alles andere, ein Wohnwagenfriedhof. Das Sanitärhaus war ebenfalls recht schrottig, aber nicht siffig in dem Sinne. Offenkundig wurde noch regelmäßig sauber gemacht. Aber: Wir hatte Toiletten, eine warme Dusche, Trinkwasser und einen „Naturerlebniszeltplatz“ vom ruhigsten. Wir waren nur froh, dass der Tag noch so ein glimpfliches Ende genommen hatte und
schliefen schon bald den wohl bisher tiefsten Schlaf.
Donnerstag, 10.05. – Charmes-sur-Rhône
Welcher Napfkuchen meint eigentlich, dass man am Ruhetag Ruhe hat? Das ist ein Mythos! Meine Klamotten verströmten bereits eine herzhafte Grundwürze und nirgendwo war mehr frisches Textiles in Sicht. Also Waschtag! Auch sonst waren diverse Kleinigkeiten zu verrichten.
Nach dem gestrigen, herrlich warmen Midi-Tag, war es nun bedeckt und kühl und
so fiel uns die leidliche Fron nicht zu schwer. Die Wascherei auf Tour ist wirklich das Einzige, was ich ehrlich aus tiefster Seele hasse.
Mittwoch, 09.05. – Gigny-sur-Saone – Charmes-sur-Rhône, 24 km
Es waren nur 11 Kilometer bis Gigny – den Rest fuhren wir mit der Bahn – aber diese 11 Kilometer hatten es in sich. Teilweise derber Schotter und dann noch ein ordentliches Stück komplett zugewachsenen Weges bergauf zu einem Tunnel unter der Bahn hindurch. Wir waren beide reichlich geschafft, als wir uns am Bahnhof trafen.
Im Zug war mächtiges Gedränge, Fahrräder, Kinderwagen usw.. Ein total
aufgeregtes Männchen fiel uns auf. Es wollte irgendwo hin und war ganz hektisch. Schließlich blieb es hinter Claudi ganz ruhig, mit schier fatalistischem Gesichtsausdruck und runden Augen bis Lyon stehen. Sie rümpfte heftigst die Nase. Das Baby vor ihr war es wohl nicht, nein! Das Männchen hatte wohl bis zuletzt tapfer gekämpft – sich dann aber doch deftig in die Hose geschissen!
In Lyon mussten wir mit mehrstündiger Wartezeit umsteigen. Im Bahnhof gabs etliche schön gestaltete Wartebereiche mit WLAN und Lademöglichkeiten. Ich lud als meinen Forumslader mit dem USB-Booster. Die diversen roten und grünen, teilweise blinkenden LEDs der Geräte brachten mir äußerst misstrauische Blicke der überall, bis an die Zähne bewaffneten Sicherheitskräfte ein. Terrorwarnstufe! Ich formulierte in meinem Rudimentärfranzösisch schon mal eine glaubwürdige Erklärung.
Ursprünglich wollten wir bis Orange aber aufgrund des Streiks kamen wir nur bis Valence. Aber das war ok.
Wir kauften noch flugs etwas ein und und schlängelten uns dann durch die Stadt zu nahen “Via Rhôna“ (V17) und bald sahen wir den hier schon mächtigen Strom in der Sonne glitzern.
Claudia hatte mit ihrem Naviki eine tolle Route zum ersten Campingplatz südlich von Valence gefunden. Zuerst lief alles prima, doch dann wich die die Route von der Via ab. Die verlief etwas hin und her im Hinterland, während die Route weiter dem Flussufer folgte. Für uns folgten einige Kilometer holperiger Schotterweg. Wunderbar! Seit dem Desaster vom Morgen der zweite größere Schnitzer von Naviki. Spätestens jetzt wäre es von meinem Phone geflogen. Ich nutze seit Jahren Locus Map Pro mit Karten von OpenAndroMaps auf meinen Androiden und bin damit wunschlos glücklich. Claudia war jedoch grundsätzlich zufrieden mit Naviki, denn bis auf das Routing funktionierte alles recht gut und erfüllte ihre Erwartungen.
Der Campingplatz “Les deux Rives“ machte von außen erst einmal keinen sonderlich einladenden Eindruck. Wir waren unschlüssig: Noch 5 Kilometer weiter fahren oder bleiben? Eine Münze entschied: Bleiben! Gute Münze! Wir bereuten es nicht.
Zunächst saß da mal da ein Typ mit dem Rücken zu uns und suckelte an seinem Bier. Er drehte sich um und Alex schaute uns mit runden Augen an! Wie konnte das sein? Wieder so ein unmögliche Zufälligkeit! Seinen Glauben an die Menschheit fand er schnell wieder, als ich ihm erzählte, dass wir ein ganzes Stück mit dem Zug gefahren waren. Seine 100 Kilometer pro Tag hatten also Bestand. Die etwas abgelegene Zeltwiese ganz am Ende des Platzes gefiel uns dann so gut, dass wir einen Ruhetag beschlossen. Als Nachbarn hatten wir neben Alex noch ein nettes holländisches Ehepaar auf Tour. Wir plauschten noch ein wenig und als wir unser Abendessen beendet hatten, wurde es schon dunkel. Zeit fürs Bett nach einem irgendwie schon anstrengenden Tag.
Dienstag, 08.05. – Gergy – Gigny-sur-Saone
Wir hatten Chalon-sur-Saone erreicht und wollten nun dem angeblich fertig gestellten V50 entlang der Saone nach Lyon folgen. Erst ging auch alles prima, doch dann standen wir bereits außerhalb Chalon vor einem gut bewachsenen Feldweg mit zwei Fahrspuren. Hhhhmmmmm …
Wir machten erst einmal – Pause und Palaver. Auf dem Ackerweg wollten wir keineswegs weiter. Entschluss 1: Weiter bis Gigny auf Departementstraßen, Entschluss 2: Morgen ab Tournus mit der Bahn ein Stück nach Süden. Die Akazie, unter der wir lagen, spendete kühlen Schatten in der Mittagshitze und der kurz geschorene Rasen war herrlich bequem – es wurde eine längere Pause. Bei der Abfahrt entdeckten wir ein Schild, das Rasten auf diesem Platz untersagte, da privat.
Der Camping in Gigny war etwas besonderes, in und um ein altes Schloss gebaut. Wirklich empfehlenswert! Es gibt einen kleinen Laden für die wichtigsten Dinge und prima Pizza “emporter“ zu einigermaßen zivilen Preisen.
Montag 07.05. – Seurre – Gergy, 47 km
Nachdem ich die einzig schmerzfreie Liegeposition für meine maltätierte, sowieso schon halbsteife Wirbelsäule gefunden hatte, umarmte mich Morpheus mit gnädigen Armen. Über Nacht wurde es dann etwas besser und gegen Morgen konnte ich mich wieder halbwegs normal bewegen.
Wir ließen uns Zeit mit dem Aufbruch und gegen 09.30 Uhr verließen wir
den gastlichen Ort.
Über die Fahrt selbst ist gar nicht soviel zu berichten, denn es ging weiter durchs unaufgeregte, ländliche Frankreich mit seiner idyllischen Schönheit. Es ist einfach nur schön, entspannt unter der zunehmend stärker scheinenden Sonne mit warmen Wind im Rücken durch die gleißende Weit zu rollen. Irgendwann erreichten wir Gergy. Ich hatte mir dabei die Freiheit genommen, ein wenig abseits des EV6 meinen Weg zu suchen, da mir die offizielle Wegführung manchmal nicht so zusagte.
Der Municipal-Camping in Gergy ist recht ordentlich und spottbillig. Während des Abendessenkochens wehte ein kräftiger Wind und während ich mich darüber freute, wie schön dieser für ordentlich Flamme an meinem MYOG-Spiritusbrenner sorgt, brannte besagte Flamme bereits ein Loch in meine schöne Päckchenküche . Zut!!! Dezent höhnische Kommentare von der weiblichen Seite des Daseins – bis auch sie
feststellte, das unter ihren Trangia der Tisch brannte. Ich brachte genügend Klugheit auf, mich jeglichen Kommentars zu enthalten und nur nach innen zu grinsen.
06.05. – Saint Jean de Losne – Ruhetag
Salsa-Klänge aus der Bar des Campingplatz-Chefs ließen uns nur mühsam in den Schlaf kommen, ein leise rauschender Sommerwind weckte uns. Ein guter Platz für einen Ruhetag!
Neben den üblichen Routinejobs war faulenzen angesagt. Ach wie schön sind da doch unsere leichten Reisehängematten. Ich träumte gerade so vor mich hin, krach, ich fand mich nach 30 cm ungebremstem Fall auf harter Erde wieder. Jaaauuuuuullll … als ich wieder Luft bekam ließ auch der erste Schmerz langsam nach! Wie schön! Die Matte ist für die Tonne aber mir zum Glück nichts ernsthaftes passiert. Trotzdem erinnerte mich mein geschundener Rücken noch einige Tage an das beinahe-Desaster.
Samstag, 05.05. – Osselle – Saint Jean de Losne, 64 km
Nach Osselle weitete sich das Tal Stück für Stück und je mehr der Fluss mäandrierte, so breiter und ebener wurde der Talboden. Gutes Fahrradland! Die Kälte der vergangenen Tage verließ uns zunehmend und wich immer mehr Sonnenwärme, von sanftem, warmen Schiebewind gemildert. Pausen waren wieder angenehm und nicht nur eine Notwendigkeit.
Einen Höhepunkt hatte der Tag dann doch, die Durchfahrt durch Dole mit seiner in der Sonne erstrahlenden Kathedrale. Wirklich beeindruckend.
So war das Fahren recht angenehm und erst als der Weg bei Tavaux für einige Kilometer den Kanal verließ, erinnerten wir uns daran, dass Steigungen mit Gepäck zu fahren geringfügig mühsam sein kann. Die zunehmende, noch ungewohnte Hitze saugte zudem an uns.
In Saint Jean de Losne kauften wir zunächst im Casino Marché ein. Er liegt, nur ein paar hundert Meter hinter der Brücke. Dann machten wir uns zum Camping auf. Dort gabs von der Wirtin erst einmal zwei große Gläser kaltes Wasser für zwei verschwitzte Radler und dann einen Platz fürs Zelt. Der Platz mit seinem alten Baumbestand bot gut Schatten, wir hatten einen Tisch und zwei Stühle. Gute Voraussetzungen für einen Ruhetag.
Freitag, 04.05. – Besancon – Osselle, 35 km
Ein denkwürdiger Tag! Nachdem wir unsere paar Einkäufe im riesigen Super-Marché nahe dem Camping getätigt hatten, suchten wir uns einen Weg auf der rechten Doubs-Seite zur nächsten Brücke flussabwärts. Wir wollten nicht wieder einen Kilometer entlang der vierspurigen Straße zum EV6 zittern.
Erst gings mal richtig bergan, dann schön bergab und dann hielt uns ein freundlicher Franzose an und meinte, dass es keine gute Idee sei, weiter zu fahren denn der Weg würde doch sehr schmal werden.
Unsere Karten gaben anderes her, Umkehren schien uns keine wirkliche Alternative, wir kleinen Schlauberger fuhren weiter – und der Weg wurde seeehr schmal. Claudia schob, ich fuhr noch ein Stückchen. Als ich dann auch meinte, es sei langsam Zeit abzusteigen, verhakte sich irgendwie das Sitzpolster meiner Radhose unter der Sattelspitze, ich krachte seitwärts ins dornige Gebüsch und meine Frontroller flogen weg. Merde!
Claudia half mich aus dem Rad zu flechten. Erster Check: Ein paar Kratzer und blaue Flecken, leichte Dehnung des linken, hinteren Oberschenkelmuskels – das Rad war vollkommen ok. Schwein gehabt! Die Standpauke, die anschließend auf mich herunterrauschte und in der Feststellung gipfelte, dass ich ja nun wüßte, warum Frauen im Schnitt älter werden als Männer, ließ ich kleinlaut und demütig geschehen. Merke: Die meisten Unglücke bei Outdooraktivitäten sind eine Folge leichtfertiger Dummheit und blöder Entscheidungen! Endlich am Flussufer stießen wir dann auf einen niegelnagelneuen Radweg, der noch in keiner Karte verzeichnet war. Klasse, die ganze Schinderei umsonst!
Nach kurzer Zeit gings über eine mächtigen Brücke exklusiv für den Radweg wieder auf den EV6 und wir radelten wieder, jetzt einmal mit leichtem Rückenwind, durch dieses liebliche Tal. Endlich war es mal etwas wärmer und so flogen die Kilometer nur so. Bald war die mächtige Zitadelle von Besancon erreicht und hier gibt es eine Besonderheit. Der Radweg wird zusammen mit dem Kanal unter dem Festungsfelsen durchgeführt.
Auf der anderen Seite trafen wir auf einen anderen Reiseradler aus Deutschland mit einem knallrosa Flamingo am Gepäck. Nach etwas Smalltalk fragte er mich, ob er meine Wunden versorgen solle. Das war nicht erforderlich und ich verabschiedete mich dankend. Eine viertel Stunde weiter machte ich gerade Rast, als Claudia wieder zu mir stieß. Sie zeigte mir ein Selfie mit dem Fremden, an den sie fast vorbei geradelt wäre. Es war Jochen, der Mann
ihrer besten Freundin Katja. Wie groß mag wohl die Wahrscheinlichkeit eines solchen Zusammentreffens sein?
Jochen wollte mit seinem Pedelec heute bis nach Dole, kam aber auf dem Camping noch einmal bei uns zu einem kleinen Plausch vorbei. Sein Ziel war Santiago di Compostella. Bon voyage et bon camino, Jochen.
Der Platz in Osselle war sehr ordentlich, aber die Ferienkneipe nebenan nahm
gesalzene Preise. Claudia trug noch etwas Arnika-Salbe auf den gedehnten Muskel auf, dann die übliche Abendroutine und schon bald waren wir in unseren Zelten verschwunden. Ich hoffte, die Muskelverletzung würde über Nacht etwas abklingen und mich auch weiterhin beim Radfahren nicht allzu sehr beeinträchtigen.
Donnerstag, 03.05. – L’Isle sur le Doubs – Besancon, 62 km
Heute morgen noch ein kurzer Plausch mit Alex und dann gings los zu unserer bis dahin längsten Etappe kurz vor Besancon. Es ist immer noch kalt, aber wir fahren uns langsam ein. Auch der Radweg ist weiterhin erstklassig und führt uns immer weiter in das wirklich schöne und abwechselungsreiche Fluss-/Kanaltal hinein. Immer wieder sind wir fasziniert von den vielen kleinen Schleusen. Ob der Kanal bei der Unmenge von Schleusen wohl jemals wirtschaftlich zu betreiben war? Nun sind wir auf dem Camping und hoffen auf eine heiße Pizza.
Mittwoch, 02.05. – Ruhtag in L’Isle sur le Doubs
Jaaaaa, so habe ich mir das vorgestellt, geweckt werden vom Duft ofenfrischer Croissants. Ruhetag auf diesem schönen und gepflegten Platz war die absolut richtige Entscheidung! Wir haben beschlossen, uns zunächst langsam einzurollen um dann später einen Schnitt zwischen 50 und 60 Kilometer pro Tag zu erreichen – und sollte der Mistral uns mal über 100 Kilometer schieben, dann hätte wir ganz sicher nichts dagegen.
Am späten Nachmittag unterbrach Alexander aus Berlin unsere Faulenzerei. Er war auf dem Weg nach Cadiz und hatte schon runde 1.000 Kilometer hinter sich. Überhaupt waren uns in den letzten Tagen überraschend viele Tourenradler begegnet.
Dienstag, 01.05. – Montreux-Château – L’Isle-sur-le-Doubs, 46 km
Alles gut gelaufen! Niemand kam uns zu kontrollieren und ggf. ein Ordnungsgeld zu verpassen. Kurz vor unserem gestrigen Ziel hatte wir den Scheitelpunkt des Kanals überfahren und nun geht es immer bergab Richtung Chalon-sur-Saone.
Hatte ich eigentlich schon die wunderbaren, zuweilen etwas steilen Rampen an den Schleusen erwähnt? Welch ein Genuss, sie nun ohne wesentlichen Gegenwind herunter zu rollen! Je weiter wir fuhren, umso abwechselungsreicher wurde die Landschaft. Nicht mehr nur endlose Wiesen links und rechts, sondern zunehmend bewaldete Hänge, lauschige Flussteile und kleine Dörfchen. So rollte es sich herrlich auf dem erstklassig ausgebauten Weg, aber immer wieder erinnerten abgerissene Zweige und Blätter an den gestrigen, ruppigen Tag.
Der Campingplatz in L’Isle-sur-le-Doubs ist günstig und recht hübsch am nebenan rauschende Doubs gelegen.Da die Pizza in der nahe gelegenen Pizzeria Don Camillo etwas hochpreisig (ab 10 € die Pizza) war, beschlossen wir selbst zu kochen und waren mit uns und der Welt zufrieden.
Die Nacht war überraschend stürmisch. Böen über Böen schlugen regelrecht in die mächtigen Kastanien, begleitet von einem ständigen, bedrohlichen Grundrauschen im Blätterwerk über mir. Hatte ich mich bei der Sonnenhitze die Tage zuvor noch glücklich über das Schatten spendende Grün geschätzt, so verwünschte ich jetzt beim Prasseln der kleinen Zweige auf das Zelt meine Leichtfertigkeit! Im Halbschlaf sah ich schon den riesigen Ast herab rauschen, sich erst durch das Zelt und dann durch mich bohrte! Ich hätte es besser wissen müssen, wusste es auch und hab trotzdem das Zelt unter dem Baum aufgestellt. Nun war es auch egal – Augen zu und schnarch …
Unsere erste gemeinsame Etappe führte nun immer auf dem EV6 entlang des Kanals Richtung Rhonetal. Leichter Ritt – dachten wir, immer schön eben am Kanal entlang. Bis zum Übernachtungsplatz kein Problem. Nur mit dem wirklich heftigen Gegenwind hatten wir nicht gerechnet und auch nicht mit diesen hässlichen kleinen Anstiegen vor den Schleusen. Beides zusammen ergab eine teuflische Mischung, die förmlich unsere Kraft heraus sog. Da half dann auch der wirklich erstklassig hergerichtete Weg nichts mehr.
So waren wir froh, als wir endlich den Caravan-Stellplatz neben der Brücke bei Montreux-Château erreichten. Hier hofften wir, irgendwie unsere Zelte aufschlagen zu dürfen. Der Platz war prima, mit Toiletten, Wasser und geschützten Sitzgelegenheiten doch – “Camping interdit!“ – Camping nur für Radtouristen wäre sicherlich die bessere Idee gewesen, denn um die geht es hier direkt am EV6 doch. Wir schätzten also die Lage ein: Vorsaison, morgen 1. Mai ( da haben auch in Frankreich die
Ordnungshüter gut zu tun), wir sind platt und dumm stellen fällt uns leicht (häufig hilfreich). Entschluss: Wir stellen die Zelte hinter der Hütte auf und hoffen das Beste.
Sonntag, 29.04. – Mulhouse
Wir blieben den Sonntag noch! Ein schöner Platz mit angenehmer Atmosphäre. Die Jugendherberge ist prima und ob der Camping tatsächlich die bessere Wahl gewesen wäre bleibt offen. Wir fühlten uns auf alle Fälle wohl unter den riesigen Kastanien des Platzes … und haben einen warmen Tag in unseren federleichten SeaToSummit-Hammocks genossen. Die Dinger sind unser kleiner Luxus und total genial. Mal sehen, wie die sich so bewähren.
Samstag, 28.04. – Mulhouse
Heute, gegen Abend stieß heute Claudia zu mir. Sie war schon seit dem frühen Morgen aus dem Backnanger Bereich unterwegs und dann die gleiche Strecke wie ich Tags zuvor geradelt. Die Freude war groß aber sie war müde. So hielten sich die Wiedersehensfeierlichkeiten in Grenzen. Das Lager eingerichtet und dann erst einmal lang machen, jaaaa, das ist es!
Den Tag verbrachte ich mit ein paar Einkäufen im nahe gelegenen, riesigen “Magasin Leclerc“, dem sortieren meines Gerödels und damit, dass ich an meinem Rad den mitgebrachten Außenspiegel montiert habe.
Vielleicht bleiben wir auch Sonntag, damit Claudi sich auch noch ein wenig sortieren kann. Egal wie, gut is.
Freitag, 27.04. – Basel – Mulhouse, 44 km
Die Nacht war unruhig, zuviele Gedanken an das Kommende marschierten durch mein Unterbewußtsein. Trotzdem fühlte ich mich einigermaßen ausgeruht. Das kleine, im Fahrpreis inbegriffene Frühstück tat ein Übriges und wurde auch nicht durch das superenge Schlafabteil getrübt.
Basel!
Anders, als ursprünglich geplant, stieg ich schon am Badischen Bahnhof aus. Dort rollte ich mein Rad über eine bequeme Rampe den Bahnsteig herunter und zottelte dann problemlos durch den quirrligen Verkehr zum Rhein hinab. Dann plötzlich lag er vor mir, wälzte sich behäbig unter der strahlenden Sonne an den schönen Fassaden der gegenüber liegenden Altstadt vorbei. Ich genoss den Augenblick auf einer Bank der Promenade und fühlte mich befreit. Endlich saß ich nach der langen Vorbereitungszeit auf dem Rad!
Dann gings über die nächst gelegene Brücke zur anderen Flussseite und dort auf kürzestem Wege zum Eurovelo 6 (EV6). Dem folgte ich dann bis zum Camping Mulhouse. Das Wetter war angenehm sonnig und der gut befahrbare Weg führte problemlos immer entlang des Kanals durch recht abwechselungsreiche Landschaft. Ideal zum Einrollen zu Beginn einer längeren Tour. Einmal überholte mich mit wahrem Affenzahn eine größere Gruppe Jugendlicher auf Liegerädern. Die wirbelten richtige Staubwolken auf!
Auch mehreren Reiseradlern begegnete ich zu meiner Überraschung. Darunter ein Pärchen aus Österreich, das direkt am Weg campiert hatte. Sie waren ein Jahr durch Frankreich, Spanien und Portugal unterwegs und nun auf dem Weg nach Hause.
In Mulhouse war der Stadt der Pächter des “Camping Municipal“ abhanden gekommen und dieser daher geschlossen. Ein freundlicher Mensch gab mir den Tipp mit der nahe gelegenen Jugendherberge. Dort könne man auch Zelten. Hier bin ich also nun. Es war ein wirklich guter Rat! Am Abend noch ein wenig mit einem tschechischen Paar geplaudert und dann genoss ich nur noch die Ruhe meines Zeltes
Donnerstag, 26.04. – Anfahrt Basel
Da stand ich nun auf Gleis 14 der Hamburger Hauptbahnhofes und wartete auf die Ankunft des Nachtzuges „Nightjet“, der mich nach Basel bringen sollte. Die große Frankreichtour „à velo“ hatte begonnen! Selbiges Velo stand wie ein vollbepackter, geduldiger dalmatinischer Esel neben mir. Alles war so gut es geht vorbereitet und nun, wo ich hier stand, war irgendwie ein wenig die Luft raus. Auf dem Bahnhof herrschte die übliche rastlose Atmosphäre des frühen Abends.
Der blaue Zugwurm rauschte herein und ich sah zu, mein Rad im entsprechenden Waggon zu verstauen. Nachdem ich es angeschlossen hatte arbeitete ich mich schnaufend mit meinem Gerödel durch vier Waggons zu meinem Schlafabteil. Ich teilte es ab Hannover mit zwei anderen. Wie sich später heraus stellte, waren die beiden verträglich und schnarchten vor allem nicht. Trotzdem schlief ich nur oberflächlich.
Hallo Renate,
ich freue mich, dass Dir dieser Bericht gefällt. Mehr Bilder als im Bericht gibt es schon, aber nicht veröffentlicht.
Bei ODS veröffentliche ich schon lange nichts mehr wegen der Regelungen für Reiseberichte dort. Das gefiel mir nicht und deshalb schreibe ich lieber im eigenen Blog. Lesen vermutlich weniger, aber ich kann es handhaben, wie ich möchte.
Grüße aus Lübeck – Hartmut
Hallo Hartmut und Claudia (Waldhexe, ODS),
mit großem Vergnügen lese ich gerade Deinen Blog und habe
viele Orte und auch Situationen wieder erkannt. Eure geradelte Strecke bin ich, allerdings verteilt auf mehrere Touren, auch gefahren. Gibt es diesen schönen Bericht auch bei ODS zu lesen?
Gibt es mehr Fotos zu sehen?
Viele Grüße von Rena (rockhopper ODS)
Hallo Hartmut,
ich wünsche Euch beiden eine schöne und nicht allzu stressige Reise. Schön von Dir und Claudia zu hören und Deine Reiseberichte sind top verfasst, ich denke Du hast das Zeug ein Buch zu schreiben, ehrlich. Sehr schön geschildert.
Meine Planung zum Radforum nach Lauterbourg und weiter zum Bodensee musste ich leider wegen eines familiären Trauerfalls absagen.
Mit Rad und Zelt in die Welt,
der VeloRudiX